Material & Inspiration

Mit Fantasie und dem richtigen Dreh

Draht und Metall in neuen Formen

„I paint with shapes – ich male mit Formen“, sagte Alexander Calder (1898–1976), der Pionier der kinetischen Kunst. Lange vor seinen Mobiles reüssierte der amerikanische Künstler 1929 in seiner ersten Ausstellung mit Drahtskulpturen, die von der Presse „Zeichnungen im Raum“ genannt wurden. Draht und Metall blieben seine wichtigsten Materialien: So trug Calder stets etwas Draht bei sich, um jederzeit den Dingen künstlerische Form geben zu können, die ihn umgaben – Porträts eingeschlossen.

Geformter Draht verleiht in seinen skulpturalen Formen und Licht- und Schatteneffekten der Zeichnung völlig neue Dimensionen. Filigrane Gold-, Silber- und Kupferdrähte, dünne, weiche Aluminiumdrähte und dickere, feste Eisendrähte mit dauerhaftem Stand bilden einen exzellenten Fundus und eine riesige Auswahl, die allerdings auch eine Herausforderung darstellen kann: Form und Umsetzung müssen von Anfang an klar vor Augen stehen, um die richtige Materialwahl zu treffen. Mit hauchfeinen Messingdrähten lässt sich ebenso wenig eine stabile, standfeste Skulptur aufbauen, wie sich dicker Aluminiumdraht in zierliche Windungen biegen lässt. Daher sind Versuche mit Reststücken im Vorfeld sicherlich sinnvoll, denn das richtige Gefühl für das Material bereitet den Weg zum Erfolg. Hilfreich sind dabei natürlich geeignete Werkzeuge: Handliche Rund- und Flachzangen und Schneidegeräte wie eine robuste Schere oder ein Seitenschneider für die schwereren Drahtqualitäten.

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© Ina Riepe

Am Anfang dieses Porträts steht die präzise Vorzeichnung direkt auf der Wand oder auf einer Holzplatte. Der Linie folgen viele kleine, in regelmäßigen Abständen eingeschlagene Nägel, um die ein feiner Draht in kleinen Schlaufen gewunden wird: Diese Schlaufen geben Halt, Stabilität und Struktur, die auch bestehen bleiben, wenn die Nägel abschließend wieder gezogen werden.

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© Ina Riepe
© Ina Riepe

Porträts mal anders: Hier übernehmen Vorstellungskraft und Fantasie die Regie, denn mit dünnen Blechen als Bildträger erobern sie die Dreidimensionalität. Kupfer-, Messing-, Silberbleche, Eisenbleche und große Blätter Aluminiumblech lassen sich gut mit einer Blechschere schneiden, in Form biegen und knicken; freie Formen lassen sich standfest setzen oder mit Klebstoff an Skulpturenständern fixieren. Ein vorbereitendes Papiermodell und ein wenig Mut sind hilfreich – der Versuch lohnt sich!

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© Ina Riepe
© Ina Riepe

Für diese Beispiele wurden Silberblech, Messingblech und Kupferblech verwendet und mit Acrylfarben bemalt. Die Werke aus Kupferblech wurden mit weißer Acrylfarbe grundiert und mit schwarzer Acrylfarbe bezeichnet.

Hat man erst einmal den richtigen Dreh gefunden, so sind der Formgebung von Drähten kaum Grenzen gesetzt. Bei allen gezeigten Beispielen wurde Vierkantdraht aus Aluminium verwendet. Naturgemäß lässt er sich nicht so leicht biegen wie ein feiner Draht (und gerade schmale, enge Windungen benötigen gleichermaßen Kraft und Fingerspitzengefühl), behält dafür aber gut die Form.

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© Ina Riepe
© Ina Riepe

Wenige Meter Aluminiumdraht lassen sich nicht nur zu Worten und „Drahtzeichnungen“, sondern ebenso zu einer freien, arabes­kenhaften Skulptur formen: Sie steht vollkommen für sich und ist – hier mit Farbsprays – farbig gefasst, um Nähe und Distanz zu betonen.

Feingezogene Drähte aus Silber, Kupfer, Aluminium, Edelstahl oder Messing in unterschiedlichen Stärken und entsprechende Effektdrähte verleihen der Fantasie Flügel. Die Härtegrade sind dabei auf den ersten Blick zu unterscheiden: Weiche Qualitäten werden auf Spulen, härtere zu Ringen gewickelt angeboten.

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© Ina Riepe
© Ina Riepe

Drahtgeflechte in verschiedenen Höhen können vielfältig eingesetzt werden – pur zur eigenständigen Skulptur geformt oder aber als Gerüst und Stütze für weitergehende skulpturale Vorhaben, bekleidet mit Ton, Gips oder Beton.

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