Susanna Partsch erzählt von berühmten Kunstdiebstählen
Vom Diebstahl der Mona Lisa 1911 bis zum Juwelenraub im Grünen Gewölbe 2019 – das Buch „Wer klaute die Mona Lisa? Die berühmtesten Kunstdiebstähle der Welt“ von Susanna Partsch steckt voller fesselnder und unglaublicher Geschichten: Sie erzählt von gewieften Mafia-Clans, von als Polizisten verkleideten Tätern, findigen Kunstdetektiven, zerschnittenen Gemälden, besessenen Kunstliebhabern und Lösegeldforderungen in Millionenhöhe. Sabine Burbaum-Machert hat mit der Autorin über ihr kürzlich bei C.H. Beck erschienenes Buch gesprochen.
Kunstdiebstahl – ein faszinierendes Thema, dem jedoch bislang nur punktuelle Aufmerksamkeit gewidmet wurde, nämlich immer dann, wenn ein berühmtes Werk verschwunden ist. Wie kam die Idee zu Ihrem neuen Buch?
Bis heute kursiert zum Beispiel das Gerücht, die Mona Lisa sei eine Fälschung
Susanna Partsch: Da spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Durch mein Buch „Tatort Kunst“, bei dem es um Kunstfälschung geht, kam ich zwangsläufig auch mit dem Diebstahl in Berührung. Denn in manchen Fällen wurden nach dem Wiederauffinden eines Werkes Zweifel geäußert, ob es sich überhaupt um das Original handelt. Bis heute kursiert zum Beispiel das Gerücht, die Mona Lisa sei eine Fälschung. Hinzu kamen zwei spektakuläre Diebstähle, die ich mitverfolgen konnte: Derjenige der Saliera in Wien, also des goldenen Salzfasses von Benvenuto Cellini, das 2003 verschwand und 2005 wieder auftauchte. Und dann derjenige zahlreicher Bilder hochrangiger alter Meister aus dem Museum in Verona 2015, die wenige Monate später wiedergefunden wurden. Hier konnten auch die Täter dingfest gemacht werden. Als ich 2010 in Boston das Isabell Stewart Gardner Museum besuchte, beeindruckten mich die leeren Rahmen, die seit dem Diebstahl von 1990 an die verlorenen Bilder erinnern. Nachdem dann 2019 in das Grüne Gewölbe in Dresden eingebrochen wurde, schlug ich das Thema meiner Lektorin vor, die es begeistert aufnahm.
Ob persönliche Bereicherung, Faszination für das Werk, Auftragsdiebstahl oder die Sehnsucht, berühmt zu werden – gibt es einen typischen Tätertypus? Und warum werden überhaupt Kunstwerke gestohlen?
SP: Im Regelfall, weil man sich das schnelle Geld damit erhofft. Es gibt natürlich Ausnahmen wie Stephane Breitwieser, der stahl, weil er die Werke haben wollte. Aber der manische Sammler, der ein Bild um jeden Preis besitzen will, auch wenn er es sich nur im Geheimen anschauen kann, ist eine Erfindung der Literatur, die dann auch vom Film aufgegriffen wurde.
Gab es Kunstdiebstähle schon zu allen Zeiten?
Je kleiner ein Werk, desto einfacher kann man es „mitgehen“ lassen.
SP: Nein, oder jedenfalls in keinem großen Ausmaß. Der erste spektakuläre Kunstdiebstahl fand 1876 in London statt. Damals wurde das Porträt einer Vorfahrin von Lady Diana gestohlen. Dieser Fall wird in der deutschsprachigen Fachliteratur merkwürdigerweise nicht erwähnt. Dort setzt die Geschichte erst mit dem Diebstahl der Mona Lisa ein. Und wirklich viel wird erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geklaut. Das hängt mit der Entwicklung des Kunstmarkts und den völlig überzogenen Preisen zusammen.
Manche Werke wurden gleich mehrfach gestohlen, ein Porträt von der Hand Rembrandts sogar gleich viermal. Sind manche Werke einfach begehrt, und was ist der Grund dafür?
SP: Rembrandt ist immer ein gutes Opfer. In dem Fall war es aber hauptsächlich die Größe. Je kleiner ein Werk, desto einfacher kann man es „mitgehen“ lassen.
Wie kommen die Kunstwerke abhanden? Und welche Rolle spielen die Sicherheitsvorkehrungen in Museen und Galerien?
SP: Die Diebstähle sind unterschiedlich. Manchmal gehört ein Mitglied des Wachpersonals zu den Dieben, dann haben sie leichtes Spiel wie in Verona oder im Bode-Museum. Ob auch in Dresden das Wachpersonal beteiligt war, wird der Prozess zeigen. Andere gehen mit brachialer Gewalt vor oder sie nutzen Lücken im Sicherheitsnetz, die es immer wieder gibt.
Über die Sicherheitsvorkehrungen lässt sich trefflich streiten. Sind sie veraltet? Müssen sie effizienter werden? Bei allen Erwägungen und sicher auch berechtigter Kritik dürfen unsere Museen auch keine Hochsicherheitstrakte werden. Dann haben wir nämlich auch nichts mehr von der Kunst. Das ist ein schwieriger Balanceakt. Allerdings sind natürlich kaputte Fenster wie im Bode-Museum durch nichts zu entschuldigen.
Weder die Einbrecher noch die Fälscher sind Robin Hoods.
Manche Kunstwerke verschwinden für immer, andere tauchen wieder auf. Dann ist mitunter von Lösegeldzahlungen die Rede oder von heimlichen Verhandlungen. Hat nicht auch manchmal der Zufall seine Hand im Spiel?
SP: Natürlich gibt es auch Zufälle, die sind aber eher selten. Ein Beispiel ist das 1996 verschwundene Bild von Gustav Klimt, das 2019 bei Gartenarbeiten entdeckt wurde. Es befand sich hinter einer kleinen, vom Efeu überwucherten Metalltür. Wie es dahin gelangt war, weiß man nicht.
Und welches ist ihr Lieblingscoup?
SP: Den habe ich ebenso wenig wie einen Lieblingsfälscher. Es handelt sich in beiden Fällen um Verbrechen, nicht um Kavaliersdelikte, wie sie so gerne dargestellt werden. Weder die Einbrecher noch die Fälscher – es gibt im übrigen in beiden Metiers kaum Frauen – sind Robin Hoods. Sie betrügen nicht die Reichen und geben den Armen, sondern sie bereichern nur und ausschließlich sich selbst – und das häufig auf Kosten der Steuerzahler.
Frau Dr. Partsch, herzlichen Dank für dieses Interview!