Die internationale Gruppenausstellung in Potsdam zeigt textile Arbeiten, die über ihre materielle Präsenz hinaus in Kunstpraktiken verstrickt sind
DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam zeigt bis zum 11. August 2024 die Gruppenausstellung „Soft Power“, die textile Gestaltung als künstlerisches Ausdrucksmittel vorstellt, mit dem Machtverhältnisse infrage gestellt werden können.
Die Ausstellung zelebriert Textilien und ihre Fähigkeit, eine Vielzahl von Geschichten in sich zu tragen, die als disruptive Kraft gegen dominierende soziale und kulturelle Narrative wirken können. Es wird insbesondere untersucht, auf welche Weise Textilien, Faserkunst und weiche Skulpturen imstande sind, Menschen, Dinge, Geschichten und Ideen sichtbar – oder unsichtbar – zu machen. „Soft Power“ begreift Textilien nicht nur als handwerklich oder industriell gefertigte Objekte, sondern auch als Teil von Systemen. Dazu gehören die Produktions- und Handelsnetze, die Textilien und Menschen über den gesamten Globus bewegen, genauso wie die Geschichten, Kartografien und Kosmologien, die sich um sie herum entfalten. Auch ihre Verwendung als integraler Bestandteil unserer täglichen Routinen und besonderen Rituale wird untersucht.
Obwohl die meisten Künstler*innen der Ausstellung mit faserbasierten Materialien und Textilien als zentralen Bestandteilen ihrer Praxis arbeiten, war die strikte Beschränkung auf ein einziges Medium kein Kriterium für die Auswahl. Stattdessen macht sich „Soft Power“ die Skepsis gegenüber Kategorisierungen zu eigen, wie sie zu einer Kunstform gehört, die sich immer wieder an den Rändern des (westlichen) kulturellen Kanons bewegt. Die Bandbreite der ausgestellten Arbeiten geht über traditionelle Techniken wie Filzen, Weben, Patchwork, Quilten, Sticken und Nähen hinaus und schließt auch weitere Medien wie Zeichnung, Video, Performance, Malerei und Fotografie mit ein. Dieser Ansatz zeigt, wie Textilien über ihre materielle Präsenz hinaus in Kunstpraktiken verstrickt sind.
Die Ausstellung gliedert sich in drei ineinander verwobene Kapitel. Im Kapitel „Unsichtbare Hände“ stehen die Produktionsbedingungen von Textilien und deren Rohmaterialien im Vordergrund – unter anderem auch am Beispiel der Geschichte der Leipziger Baumwollspinnerei und des VEB Vowetex in Plauen.
Die Arbeiten im Kapitel „Muster durchbrechen“ verweigern sich formalen Vorgaben und zeigen, wie Textilkunst soziale Normen und Machtmechanismen infrage stellen kann, indem sie die scheinbar unendlichen Wiederholungen einer festen Ordnung durchbrechen.
Das Kapitel „Fäden der Vorfahr*innen“ befasst sich mit der Frage, wie Textilien zum Gedenken an die uns Vorausgegangenen verwendet werden – seien es direkte Vorfahr*innen oder solche, deren Geschichten und Lebensweisen unsere eigenen Realitäten beeinflussen. So, wie sich einzelne Fäden zu Geweben und größeren Netzwerken verbinden können, beziehen sich die historischen und zeitgenössischen Arbeiten in diesem Kapitel auf vergangene Traditionen, die bis heute nachwirken.
Darüber hinaus widmet sich eine Auswahl von Wandbehängen und Archivmaterial der Geschichte des Zirkels für künstlerische Textilgestaltung Potsdam und seiner Position im staatlich geförderten Freizeitprogramm der DDR, dem sogenannten „künstlerischen Volksschaffen“.
„Soft Power“ zeigt Arbeiten von Magdalena Abakanowicz, Caroline Achaintre, Wilder Alison, El Anatsui, Leonor Antunes, Ouassila Arras, Rufina Bazlova, Kevin Beasley, Mariana Chkonia, Edith Dekyndt, Claus Dobberke, Toni Ebel, Gee’s Bend Quiltmakers (Ella Mae Irby, Candis Mosely Pettway, Qunnie Pettway), Philipp Gufler, William Kentridge, Maria Lai, Joanna Louca, Manuel Mathieu, Rosemary Mayer, Elrid Metzkes, Małgorzata Mirga-Tas, Sandra Mujinga, Gulnur Mukazhanova, Otobong Nkanga, Willem de Rooij, Ramona Schacht, Gabriele Stötzer, Sung Tieu, Rosemarie Trockel, Johanna Unzueta, Hamid Zénati und anderen.
Ausstellung
„Soft Power“, bis 11. August 2024
Ort
DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam, Max-Planck-Straße 17, 14473 Potsdam
Öffnungszeiten
Täglich 10—19 Uhr, dienstags geschlossen
Internet: www.dasminsk.de