Ausstellung

Salon Imaginaire

Matthias Wollgast im Märkischen Museum

Im Zuge seiner Bestrebungen, einen offenen Dialog sowie Wechselbeziehungen von sammlungseigenen Exponaten mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen zu gestalte, zeigt das Märkische Museum Witten die Ausstellung „Salon Imaginaire“ des Künstlers Matthias Wollgast (*1981). Er lebt und arbeitet in Düsseldorf und studierte an der dortigen Kunstakademie und der Kunsthochschule für Medien, Köln. Als Künstler, Kurator und Konstrukteur verantwortet er die konzentrierte Auswahl von Bestandswerken, die verschiedene kunsthistorische Strömungen aufgreifen, und setzt diese mit seiner eigenen vielschichtigen Arbeit in Bezug.

Wollgast entwickelt fiktive Künstler*innen und Sammler*innen-Persönlichkeiten, in deren Namen er Kunstwerke, Biografien und digitale Präsenzen erschafft: Tea Benz, Rosa Brouwn, Olav Krogh und Jan Usinger sind vier der Künstler*innen, deren Werke Matthias Wollgast aus der umfangreichen Sammlung des Unternehmers Jaques Clio-Lascar für die Ausstellung „Salon Imaginaire“ zusammengetragen hat.

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Seine Vorgehensweise beschreibt Wollgast wie folgt: „So, wie es im Internet ein Avatar ermöglicht, Facetten der eigenen Persönlichkeit vom Anspruch vollständiger Selbstrepräsentation losgelöst und dennoch als legitimen Statthalter der eigenen Person sprechen zu lassen, so ermöglicht es mir die Entwicklung fiktiver Künstler*innen-Persönlichkeiten, unterschiedliche Linien meines Werks distinkt auszuformulieren und Schaffensbereiche voneinander zu trennen. Die Freiheit, welche in dieser Form der Selbstauflösung, oder vielmehr Selbstdifferenzierung, liegt, bedeutet ein enormes Potential für die Artikulation meiner künstlerischen Arbeit.”

Werkauswahl und Präsentation sind somit als Gesamtkunstwerk zu verstehen, innerhalb dessen Wollgast multiple Künstler*innen-Avatare für sich sprechen und mit den Künstler*innen der Museumssammlung in einen Austausch treten lässt.

Direkt im ersten Seitenschiff des Altbaus des Märkischen Museums begegnen die Besucher*ìnnen einer Moskauer Rekonstruktivist*innengruppe, die den konstruktivistischen Werken eines Walter Dexel gegenübergestellt werden. Werke des deutschen Informel von K.O. Götz reagieren auf abstrakte Gemälde und Arbeiten auf Papier von Rosa Brouwn.

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

In der gesamten Ausstellung werden künstlerische Verwandtschaften aufgezeigt, aber auch unerwartete Fährten gelegt, die die Auszüge aus der Museumssammlung in ein neues, unerwartetes Licht rücken. Im Mittelschiff dominieren Installationen und Bademodenskulpturen des Künstler*innenpaares Femke & van Dijk, die auf farbigen runden und ovalen Velourteppichen platziert sind und gemeinsam mit dem ausgestellten Mobiliar auf das miteinander vernetzte Phänomen von Kleidungs- und Wohnkultur sowie Design verweisen. Interieurdarstellungen und gegenständliche, poetische Gemälde in surrealistischer Manier werden von der Künstlerin Tea Benz gezeigt, in deren unmittelbarer Nachbarschaft sich auch Werke von Bruno Goller und Günter Drebusch befinden.

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Im hinteren Seitenschiff wird die Abrufbarkeit durch Aufbewahrung und Verortung besonderer Weltereignisse, objektiver und subjektiver Erinnerungen und außerordentlicher Objekte thematisiert. In Stahlregalen gestapelte Archivkartons und gemalten Kisten mit Etikettierungen ist Phänomenales über unsere Welt und ihre Geschichte vermeintlich in Erfahrung zu bringen. Wollgasts Avatar Olav Krogh übernimmt hier den Part des konzeptuellen Künstlers, der hier Wahrhaftigkeit und Fiktion miteinander vermischt und ein selbst erdachtes Archiv des Wissens darbietet. In den sich anschließenden, kleinen Räumen sucht die Befragung des Menschen als Maschine durch ein zentrales Werk von Konrad Klapheck gemeinsam mit Werken von Ron van Dijk erörtert zu werden. Der „Totentanz“ von Hans Scheib, umringt von Grafiken Günter Drebuschs, begrüßt und verabschiedet gleichzeitig die Besucher*innen und setzt hier den Endpunkt der Ausstellung.

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs

Ausstellungsansicht „Mattias Wollgast: Salon Imaginaire“, Märkisches Museum Witten
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Matthias Wollgast, Foto: © Eric Jobs


Informationen
Bis 1. September 2024: Matthias Wollgast. Salon Imaginaire.

Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 12:00 bis 18:00 Uhr

Märkisches Museum Witten
Husemannstraße 12
58452 Witten
Tel. +49-(0)-2302-5812550
https://www.kulturforum-witten.de/de/maerkischesmuseumwitten/

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Profile

Das Märkische Museum Witten verfügt über eine Sammlung mit rund 5.000 Werken deutscher Malerei und Grafik des 20. Jahrhunderts. Einen Schwerpunkt bildet das deutsche Informel. Die wichtigsten Protagonisten, wie zum Beispiel K.O. Götz, Peter Brüning, Winfred Gaul, Gerhard Hoehme, Emil Schumacher, Fred Thieler und viele andere, sind in der Sammlung vertreten. Das Museum spiegelt die Entwicklungen der Abstraktion in der Kunst in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Ein ausgesuchter Bestand an Werken der Expressionisten bildet den Grundstock der Sammlung. Neben den wechselnden Sammlungspräsentationen stellen die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst einen weiteren Schwerpunkt des Hauses dar. Hierbei werden aktuelle Entwicklungen der deutschen und internationalen Gegenwartskunst vorgestellt.

[Foto: Jörg Fruck]

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