Das Gewohnte in Frage stellen, den Blick irritieren, Bestehendes erweitern, verändern und künstlerisch verfremden: Ein modulares System als Bildträger macht es möglich – und dafür eignet sich kaum ein Format besser als das Quadrat. Malkarton ist nicht die einzige, aber eine sehr gute und einfach zu handhabende Grundlage für solch ein schöpferisches Experiment – bei dem es durchaus nicht immer logisch, ausgewogen und linear zugehen muss …
Die Realisierung eines solchen Projekts benötigt nur wenig Vorbereitung. Malkarton in Buchbinderqualität ist sehr stabil, liegt plan auf, ist dabei leichtgewichtig und vom Format 4 x 4 cm bis hin zu 60 x 60 cm in vielen quadratischen Formaten erhältlich. Zum vorläufigen Aufbringen der Module auf die Wand (oder einen anderen Untergrund) eignen sich feine Nägel ebenso gut wie wiederablösbare Klebestrips, die an der Rückseite befestigt werden. Wichtig ist, auf den exakten Kantenschluss beim Zusammenfügen zu achten. Eine planende Skizze legt die Gedanken fest – und kann durch das dank der Module vorgegebene Rasternetz leicht als Vorzeichnung übertragen werden. Zwar eignet sich Malkarton für viele Techniken, jedoch sind Gouache, Tempera, Öl- oder Acrylfarben vorzuziehen, da sie nicht hinter Glas gehalten und nicht fixiert werden müssen.
Spiel und Experiment
Das vollendete Werk schließlich lässt in seiner Ausgewogenheit noch nichts von dem Spielraum ahnen, der sich im Anschluss offenbart: Das Bild kann weiterwachsen, erweitert werden – streng und konsequent in Höhe und Breite, dem ursprünglichen Ansatz folgend. Aber die Bildidee kann auch wieder verändert werden! Das Auge entdeckt Spannungen, die nicht gedacht und geplant waren: Ein Element wird entfernt, dann vielleicht ein zweites, und ein veränderter Zusammenhang tut sich auf. Das Spiel mit Konstruktion und Dekonstruktion beginnt.
Aus einem ursprünglichen Quadrat wird ein kleineres Rechteck, hoch oder quer gerichtet, oder wieder ein Quadrat, eine Treppe gar, ein Streifen nur, der den Blick herausfordert. Eine bewusst gewählte Fehlstelle gibt Rätsel auf und ersucht das Auge um Vervollständigung. Ein Nebeneinander statt Übereinander stiftet Verwirrung, und auch einzelne Fragmente können ganz unterschiedliche Positionen im Raum beziehen. So wird der Bildzusammenhang bewusst gelockert und gelöst, die Bildabsicht eine andere, das Bildmedium hält Schritt mit dem gestalterischen Willen, verschiedene Möglichkeiten auszuloten.
Dieses modulare Verfahren ist mehr oder weniger universell anwendbar, ja vielleicht noch spielerischer und überraschender im abstrakten Einsatz von Farbe oder Zeichnung: Farbfelder, die Skalen von Tönen collagieren und mit anderen Farbcollagen kombiniert werden. Zeichnungen, die reißen und doch an anderer Stelle wieder zusammenwachsen. Zusammenhänge, die zerrissen und doch gerettet werden – Spiel ist auch Willkür!
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