Hochglänzend oder seidenmatt – wie das unterschiedliche Zusammenwirken von Klebelack und Blattgold den Glanzgrad definiert, erläutert der Materialspezialist Frank Lohfink anhand zweier prominenter Beispiele aus der Region Berlin-Brandenburg.
Etwa 700 Meter südwestlich vom Sommerschloss Sanssouci (Potsdam) entfernt, steht mit kleeblattförmigem Grundriss das 1764 fertiggestellte Chinesische Haus, auch als Chinesisches Teehaus bekannt. Den überdachten Außenbereich des Gartenpavillons, der nach den Skizzen Friedrichs des Großen errichtet wurde, zieren mehrere vergoldete Säulen und stehende Sandsteinfiguren sowie ein Ensemble aus essenden, trinkenden und musizierenden Figuren in chinesischer Kleidung. Dicke Kordeln sollen die goldenen Figuren vor den Berührungen der vielen Besucher schützen. Die Kuppel des Pavillons krönt ein vergoldeter, sitzender Mandarin.
Teegesellschaft mit seidenmattem Schimmer
Das Blattgold der Palmsäulen und Skulpturen ist traditionell auf einer Ölmixtion angelegt, dadurch entsteht der seidenmatte Metallglanz. Die hier eingesetzte 12-Stunden-Mixtion besteht aus einem langsam trocknenden Öl-Harz-Trockenstoff-Gemisch. Erst nachdem der Klebelack ca. 12 Stunden lang angezogen ist und eine trocken-klebrige Konsistenz erreicht hat, kann das Blattgold aufgelegt werden. Um festzustellen, ob die Mixtion für das Anlegen des Blattgoldes den richtigen Trockenheitsgrad hat, führt der Vergolder eine Pfeifprobe durch, indem er schnell mit dem Daumen über ein gleichbehandeltes Teststück streicht. Dabei muss ein quietschender, hoher Ton entstehen. Zuletzt wurde die Vergoldung der Figuren des Teehauses zwischen 2003 und 2004 aufgefrischt. Seitdem wurden sie leider häufig durch Vandalismus beschädigt, sodass die Restauratoren der Schlösserstiftung die Figuren ergänzen und auch immer wieder mit Blattgold belegen mussten.
Hochglanz für die Goldelse
Die Siegesgöttin Viktoria, von den Berlinern liebevoll „Goldelse“ genannt, bildet die Spitze eines bekannten Wahrzeichens der Stadt, der Siegessäule. Im Jahre 2010/11 hatte die Bautenschutz- und Restaurierungsfirma Fuchs & Girke den Auftrag, die Skulptur neu zu vergolden. Dabei wurde das Blattgold auf den Gold-Klebelack „Kölner Instacoll System“ aufgelegt und angerieben. Entwickelt wurde dieser spezielle Klebelack auf Acrylbasis bereits in den 1970er Jahren. Durch die Verwendung entsteht ein spiegelnder Metallglanz. Auf der glänzenden Oberfläche setzen sich Feinstaub und andere Verschmutzungen nicht so stark fest, wie auf einer Mattvergoldung. Ein entscheidender Vorteil, da die in 60 Metern Höhe über dem Tiergarten stehende Victoria den Witterungsbedingungen, dem Staub der Stadt und dem Vogelkot ganzjährig ohne Schutzdach ausgeliefert ist. Das Kölner Instacoll System besteht aus zwei Komponenten: dem Klebelack, der gelb eingefärbt oder transparent produziert wird, und einem Aktivator, mit dem der getrocknete Klebelack kurz vor dem Vergolden aktiviert wird. Das Blattgold wird mit einem Transferpapier aufgelegt, durch das Papier angerieben und zuletzt mit einem weichen Spezialtuch angedrückt. Vor der Entwicklung dieses Systems glänzten Vergoldungen im Außenbereich immer seidenmatt, wie oben beschrieben. In Innenräumen werden hochglänzende Vergoldungen nach wie vor in der Technik der Polimentvergoldung hergestellt. Die Warmleimgrundierungen sind allerdings nicht wasserfest und würden im Außenbereich abschmieren. Außerdem benötigt die Polimentvergoldung saugende Untergründe wie Holz, Gips oder Stein.
Sturmgold und Wetterschutz
Sowohl bei der Ölvergoldung als auch bei der Vergoldung mit dem Kölner Instacoll System benutzen die Vergolder Transfergold (auch Sturmgold genannt), ein auf Transferpapier gepresstes Blattgold. Das Transferpapier ist etwas größer als das Blattgold. So kann der Vergolder das Gold am Papierrand anfassen und andrücken. Im Falle der Viktoria wurden 1,3 kg Blattgold eingesetzt, hergestellt von Firma Noris-Blattgold aus der Goldschlägerstadt Schwabach in der Nähe von Nürnberg. Bei Außenvergoldungen von Skulpturen, die ungeschützt dem Wetter ausgesetzt sind, wie die Viktoria in Berlin oder das Reiterstandbild August des Starken in Dresden, wird in der Regel etwas stärkeres Blattgold eingesetzt, als es der Vergolder bei Bilderrahmen oder Kirchenfiguren benutzt. Die Blattgoldhersteller sprechen von 2-fach, 3-fach und 4-fach Gold. Bei allen Bezeichnungen ist das Gold aber immer noch so dünn, dass es nicht mit der bloßen Hand angefasst werden kann. Die Goldflächen werden nicht mit einem Wetterschutzlack versehen, da die lackierte Metallfläche eine andere Wirkung hat, als der reine Metallglanz. Vergoldungen im öffentlichen Raum müssen deshalb nach 30 bis 40 Jahren erneuert werden. Das Gold wird durch das Wetter, bei erreichbaren Objekten auch durch häufiges Anfassen und Probekratzen, abgenutzt. Im windgeschützten Innenraum verwendet der Vergolder neben dem Transfergold auch loses Gold ohne „Papieranfasser“. Er benutzt zum Aufnehmen und Transportieren des Goldblattes einen „Anschießer“, einen Spezial-Transferpinsel, der statisch aufgeladen ist.
Fazit: Nicht die Blattgoldsorte, sondern der Klebelack bestimmt den Glanzgrad der Vergoldung.
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