Jens Hübner zeichnet und aquarelliert mit Westentaschenatelier
Beim Warten auf dem Bahnsteig oder beim Frühstück im Café, in der Stadt oder auf dem Land, zu Hause oder unterwegs – Jens Hübner findet seine Motive überall. Jeder Tag hat kurze Momente des Innehaltens, die ihm Gelegenheiten bieten, den Ort zu reflektieren, an dem er sich gerade befindet, und seine Eindrücke zeichnerisch zu notieren.
Mit routiniertem Auge erfasst der Zeichner und Aquarellist seine Umgebung, lotet ihre charakteristischen Merkmale aus und bringt sie zügig zu Papier. „Ich liebe das Spontane. Während der Arbeit interessieren mich daher auch mehr die Linien und Verläufe oder Wasserflecken, nicht so sehr die genaue Wiedergabe eines Motivs und die Ausarbeitung von Details“, beschreibt Jens Hübner seine Vorgehensweise. „Es kommt mir darauf an, das Wesentliche zu erfassen. Das funktioniert am besten unter einem gewissen Druck und mit reduzierten Mitteln, ansonsten verliert man sich.“
Bei reduziertem Zeit- und Materialaufwand sind dafür Fantasie und ein gutes Gespür für die Komposition gefragt. „Ich setze zum Beispiel Farbakzente in einem Bild, um den Komplementärkontrast und die Komposition zu gestalten. Das ist dann auch schon mal der Fantasie überlassen. Nicht alles in meinen Bildern entspricht dem Vorbild. Das gilt auch für die Perspektive. Ich arbeite meistens frontal. So vermeide ich perspektivische Verzerrungen. Die Tiefe im Bild erzeuge ich durch Licht und Schatten. Dann setze ich das Licht auch schon mal so, wie es vielleicht gar nicht da ist, sondern wie es passt. Das habe ich mir vom Design abgeschaut.“
Zehn Jahre hat Jens Hübner im Anschluss an sein Design- und Kunststudium ein Design-Büro geführt. Dann war für ihn die Zeit reif, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Er verkaufte die Firma und fuhr mit dem Erlös zwei Jahre auf dem Fahrrad durch die Welt. 12.000 Kilometer legte er zwischen seiner Heimat Mecklenburg und dem Äquator am Stück zurück. Den Aquarellkasten hatte er von Anfang an im Gepäck und nutzte ihn für die Gestaltung von Postkarten. Nach Versuchen mit schwarz-weißen Scherenschnitten in Jordanien vollzog sich der entscheidende Schritt zur konsequenten künstlerischen Umsetzung seiner Reiseimpressionen in Kairo. Hier fiel Jens Hübner ein Buch zur Aquarellmalerei in die Hände – fortan war der Tuschkasten täglich im Einsatz, wenn er die Bleistiftzeichnungen in seinem handgenähten Skizzenbuch kolorierte. Sobald er entsprechendes Papier kaufen konnte oder er eine Postsendung aus Deutschland erhalten hatte, arbeitete er diese Vorstudien zu Aquarellen aus.
Die Collage liegt dem Künstler besonders am Herzen. Übermalte Fragmente ausradierter Telefonnummern etwa oder Spuren von Sand und Staub verleihen seinen Bildern Tiefe, Schrift dient ihm als Ornament. Zeichnen und Aquarellieren sind für Jens Hübner eine adäquate Form, seine Eindrücke festzuhalten. In den letzten Jahren ist das Reisen mit dem Fahrrad zunehmend in den Hintergrund getreten, die Beschränktheit der Mittel und die spontane Malweise, die es mit sich bringt, hat Jens Hübner allerdings beibehalten und perfektioniert. Die Reduktion, das „Weglassen“, ist zu seinem Thema, wenn nicht sogar zu seinem Markenzeichen geworden. Das spiegelt sich auch in den insgesamt sechs Büchern, die er bisher veröffentlicht hat. Selbst auf die Arbeit im Atelier verzichtet Jens Hübner weitestgehend. „Ich habe zwar eines, aber ich nutze es kaum. Alles, was ich brauche, trage ich bei mir.“
Zur Grundausstattung seines fünfteiligen „Westentaschenateliers“, das in Hemd- und Hosentasche Platz findet, gehört neben einem Holzbleistift mit Radierkappe, Anspitzer und Skizzenbüchlein ein Mini-Aquarellfarbkasten. Der ist, wen wundert es, gerade einmal visitenkartengroß und enthält acht hochwertige Farben sowie ein Papiertaschentuch, um Pinsel zu säubern. Jens Hübner hat ihn selbst gestaltet. Ebenso wie den Wassertankpinsel, den er in Zusammenarbeit mit Faber-Castell entwickelt hat und in den er seine langjährige Erfahrung mit dem schnellen Skizzieren vor dem Motiv hat einfließen lassen. „Er ist ergonomisch gestaltet und ermöglicht es, ohne zusätzlichen Wasserbehälter unterwegs Skizzen unauffällig im Café, im Museum oder in der U-Bahn zu kolorieren und verschiedene Effekte der Aquarellmalerei zu realisieren.“
So ausgerüstet kann Jens Hübner überall und wann immer er einige Momente Zeit findet, mit geübtem Blick vielfältige Motive zu Papier bringen. Er versteht seine Bilder als Bestandteil seines visuellen Online-Tagebuchs und stellt daher konsequent täglich eine Zeichnung auf der Internetseite „One Day-One Sketch – Jens Hübner“ ins Netz.
https://www.jenshuebner.de/
https://www.facebook.com/jens.huebner.berlin.germany/
http://berlin.urbansketchers.org/
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