Kolumne

Unterm Strich

Alles auf Anfang: Diese Zeit mag ich besonders – die Festtage sind bewältigt, Ruhe kehrt ein, und glücklich schätzt sich, wer in diesen Tagen vor Silvester freie Zeit genießt. Und sich vorbereiten kann auf den Beginn eines neuen Jahres. Ein bisschen Bilanz ziehen vielleicht, gute Vorsätze fassen (oder aufgrund ausreichender Erfahrungen darauf verzichten). Aufräumen, um Luft und Platz zu schaffen für Neues. Die Seele baumeln lassen, nachdenken auch – über das, was passiert ist im ausgehenden Jahr, und über das, was man sich für die kommenden Monate wünscht.

Vor wenigen Wochen ging der Verkauf von Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“ durch die Medien: Für 450 Millionen Dollar (inklusive Aufgeld) wurde das Werk versteigert – ein Tafelbild auf Walnussholz, 66 x 46 cm groß, ehemals im Besitz von Königen, gekauft nun von einem saudischen Prinzen. Ein Bild, stark restauriert (sodass böse Zungen behaupten, durch die Arbeit der Restauratorin sei es schon fast wieder zeitgenössische Kunst) und überdies für manchen Experten von zumindest in Teilen fraglicher Eigenhändigkeit. Es wurde zum teuersten Gemälde, das je versteigert wurde. Zu einem Preis, so schwindelerregend, dass man sich unwillkürlich fragen mag, was mit dieser Summe alles hätte bewegt werden können … Den Preis, das weiß der Kunstmarkt natürlich sehr genau, bestimmen Angebot und Nachfrage. Was rar ist und begehrt, wird teurer. Und der letzte verfügbare Leonardo war offensichtlich sehr gefragt.

Jedoch: „Es ist der Preis, nicht unbedingt der Wert des Bildes“, sagt Neo Rauch in der filmischen Dokumentation „Neo-Rauch: Gefährten und Begleiter“ zu den Summen, die seine eigenen Werke erzielen. „Der Wert lässt sich nicht ermessen.“ Und dieser feine Unterschied führt zurück zu der Frage, was unterm Strich wirklich wertvoll ist. Und damit zur Frage danach, was man sich für die persönliche Zukunft ersehnt. Was ist mir eigentlich kostbar, und was wünsche ich mir? Sind es Besitztümer, die man sein Eigen nennen möchte (vielleicht einen Leonardo über dem Sofa oder im privaten Kunstkabinett)? Oder ist es der berufliche Erfolg, dem mancher so verbissen hinterherhastet? Aber vermutlich steht im individuellen Wunschdenken anderes ganz oben: Liebe unbedingt und Gesundheit auf jeden Fall. Auch im persönlichen Bereich wird wertvoll, was im Alltag knapp bemessen ist: In der straffen Taktung des Lebens ist Zeit zu einem seltenen Gut geworden. Etwa die Zeit, die man seinen Liebsten widmet, in der man wirklich präsent ist, ohne in Gedanken abzuschweifen oder die To-Do-Liste durchzugehen. Stunden der echten Muße … und des Müßiggangs auch. Und schließlich die nicht an Dinge gebundene Erfüllung, die man vor allem findet im selbstvergessenen Flow der Kreativität. Alles zusammen oder jedes für sich allein: unbezahlbar.

In diesem Sinne: Ein glückliches und inspirierendes Jahr 2018 wünscht

Sabine Burbaum-Machert

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Profile

Mitglied der boesner-Redaktion, verantwortliche Redakteurin von KUNST & material. Studium der Kunstgeschichte, Romanistik und Neugermanistik in Bochum und Siena. Mehrjähriger Forschungsaufenthalt an der Bibliotheca Hertziana in Rom; 1998 Promotion an der Ruhr-Universität Bochum.

Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrbeauftragte, Übersetzerin, Autorin und Redakteurin.

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