Alles ist heruntergefahren, der Lärm der Straßen fast verstummt. Unsere persönlichen Kontakte sind auf ein Minimum reduziert – wir alle sind derzeit zurückgeworfen auf uns selbst, in den eigenen vier Wänden. Mancher ist allein, andere sind in Familien, wieder andere zu zweit. Die Situation ist belastend, Verzagtheit ist mancherorts zu spüren, Angst oder das Gefühl von Einsamkeit. Es stellen sich viele Fragen: Wie wird es werden? Und: Werden wir damit fertig?
Optimismus ist derzeit ein rares Gut (das man eben nicht durch Hamsterkäufe horten kann). Die Situation ist nicht leicht auszuhalten. Und jeder, davon bin ich überzeugt, hat seine ganz eigenen Mechanismen, auf den verordneten Rückzug von der Welt zu reagieren – umzugehen mit den Sorgen um die Liebsten, die eigene Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz. Es mag sich trotziger Widerstand regen im Inneren („Warum jetzt? Warum wir?“), es mag sich Resignation breitmachen oder auch Wut. Gleichzeitig wachsen Respekt und tiefe Dankbarkeit für diejenigen, die trotz allem unbeirrt mit Mut und Tatkraft für uns da sind: in Krankenhäusern und Arztpraxen, in der medizinischen Forschung, in Lebensmittelgeschäften, Apotheken oder beim Paketdienst. Und Dankbarkeit dafür, dass es Menschen gibt, die uns nahe sind. Vielleicht haben Sie oft telefoniert in diesen Tagen der Unsicherheit, um Nähe zu schaffen, wo sie zu fehlen scheint, und E-Mails und Messenger-Dienste tun ein Übriges.
Zum Welttag der Poesie am 21. März 2020 erreichte mich eine Rundmail des Bochumer Künstlers Horst Dieter Gölzenleuchter mit dem flammenden Appell „Trau Dich“ in Form eines Gedichts, von dem ich hier die zweite und dritte Strophe wiedergeben möchte: „Wenn du ein Bild malen willst / dann male es. / Ob es anderen gefällt oder nicht, es ist dein Bild. / Wenn du eine Geschichte schreiben möchtest, / auch wenn es dir schwerfällt, versuche es. / Es wird deine Geschichte sein.“
Die vielen positiven Reaktionen auf seine Mail hätten ihn überrascht und ermutigt, schreibt der Holzschneider, Maler, Autor und Büchermacher schon zwei Tage später und ergänzt: „Wenn uns die ganze Corona-Situation dazu bringt, die ‚Isolation‘, in der wir zum Teil stecken, durch kreative Kommunikation etwas zu durchbrechen, dann hätte das Ganze sogar eine gute Seite. Wo das Selbstverständliche nicht mehr selbstverständlich ist, wir auf das Wesentliche zurückgestoßen werden, entdecken wir uns vielleicht in der Langsamkeit, Stille, in begrenzten Abläufen aufs Neue. Was ist uns wirklich wichtig? Vielleicht intensivieren die literarisch Schreibenden, künstlerisch Arbeitenden unter uns die alte Kultur des Briefeschreibens, der Malbriefe, der Künstlerpostkarten, der Mail-Art. Natürlich, das betrifft nicht nur Autorinnen, Autoren, Künstlerinnen, Künstler. Über den Briefkasten ist das immer was Besonderes. Aber als Mail, über den PC, erfreut das auch.“
Gewiss ist, dass auch diese Tage und Wochen vergehen und Lebensfreude und Zuversicht zurückkehren werden. Und wenn bis dahin hier und da ein Gruß ins Haus flattert, der zeigt: „Ich denke an Dich“, dann erhellt er Herz und Gemüt. Und erleichtert uns allen ein wenig diese schwierige Zeit.
Ihre Sabine Burbaum-Machert
Kommentare sind geschlossen.