In den Kleinskulpturen von Michael Cleff gehört Dualismus zum Gestaltungsprinzip
Michael Cleff ist Bildhauer. Er arbeitet mit Ton, und er arbeitet ungegenständlich. In seinen Werken stellt er gegensätzliche Systeme einander gegenüber und in Relation zueinander: massive Wände und zarte Einfassungen, eckige Formen und runde, matte Oberflächen und glänzende, helle Farben und dunkle …
Betritt man sein Atelier, ein ehemaliges Lebensmittelgeschäft in Mülheim an der Ruhr, wird diese Freude an der Komposition unmittelbar spürbar. In dem lichten Raum, der Besuchende empfängt, bilden kompakte architektonische Plastiken auf dem Boden und auf hellen Sockeln ein Wechselspiel mit offenen linearen Wandarbeiten.
Die dominierende Form in dieser Schau klar formulierter Plastiken ist das Viereck. Dazu hat der Künstler Kreise und Ellipsen platziert. Die vorherrschenden Farben Schwarz und Weiß in unterschiedlichen Sättigungen hat er um Werke mit zurückgenommenen Braun- und Rottönen ergänzt, transparente bläulich-grüne Glasurseen sowie Objekte in leuchtendem Grün-Gelb und Orange setzen Akzente. Zeichnungen an den Wänden dokumentieren die Entstehungsgeschichte der Objekte, Frottagen die fertiggestellten Arbeiten: vom Zwei- zum Dreidimensionalen und wieder zurück. Selbst das rot-weiße Schachbrettmuster der Bodenkacheln scheint als Grundrhythmus in diese Komposition von Ruhe und Bewegung einbezogen zu sein.
Das Abwägen, mit dem Michael Cleff diese kleine Werkschau zusammengestellt hat, ist ein grundlegendes Merkmal seiner Arbeitsweise. Den schmalen Grat zwischen der Bändigung des Materials durch technisches Know-how und der Eigenständigkeit des Materials auszutarieren, das ist es, was für ihn den Reiz am Werkstoff Ton ausmacht:
„An Ton fasziniert mich seine Vielfalt, seine Lebendigkeit. Die Arbeit mit ihm erfordert viel Geduld und Erfahrung.“
Schon während seiner Keramikerausbildung entbrannte in dem Bildhauer die Begeisterung für das Medium, funktional zu arbeiten schränkte ihn jedoch bald ein. Nach dem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie modifizierte er dann stetig Material, Formen und Ausdrucksmittel. Heute arbeitet er ausschließlich mit Steinzeug, mit einem Kanon von einfachen, konisch zulaufenden Grundformen, die er wie ein Alphabet verwendet, und einer subtilen Farbpalette.
Dieses begrenzte Repertoire an Materialien, Formen und Farben erlaubt es ihm, die wesentliche Arbeit im Kopf entstehen zu lassen bzw. auf dem Zeichenblock. „Schon beim Zeichnen kenne ich die Möglichkeiten, die ich habe,“ stellt er fest und findet stets neue Variationen eines Themas, das sich im Titel seiner Werkgruppen wiederfindet, wie „Großer Plan“, „Kleiner Plan“, „Über Addition“, „Über Hüllen“, „Über Innen und Außen“.
Seine reduzierte Formensprache, die die Qualität des Werkstoffs in den Vordergrund stellt, sowie der serielle Charakter seiner Arbeiten verbinden Michael Cleffs Objekte mit dem Minimalismus, mit dem er sich lange Zeit auseinandergesetzt hat. Anders als bei diesem werden seine Plastiken jedoch vom Augenmaß bestimmt.
In der Umsetzung bilden Holz- sowie einteilige, von einer Mutterform gegossene Gipsformen den Ausgangspunkt jeder Arbeit. Mit ihrer Hilfe werden Boden und Wände mit Ton ausgeformt und oben mit einem frei gebauten flachen Gewölbe abgeschlossen. Ebenfalls frei modelliert erfolgt nach einem mehrtägigen Trocknungsprozess der Anbau, der deutliche Spuren des Modelliervorgangs trägt.
Der Farbgebung gelten die nun folgenden Arbeitsschritte. Neben den Brauntönen der gebrannten Tone kommen bei Michael Cleff vornehmlich weiße und schwarze Engoben zum Einsatz. Die monochrome Farbgebung verleiht seinen monolithischen Gebilden einen monumentalen Charakter. Das hochkonzentrierte Kobaltoxid der schwarzen Engobe ergibt, mit Wasser verdünnt, einen Blauton, mit dem Cleff feine Linien frei auf den Ton oder die Glasuren aufbringt. Unterschiedliche Gläser und keramische Farbkörper aus metallischen Oxiden erweitern das Farbspektrum seiner Glasuren.
Während des anschließenden Brennvorgangs ist das Zusammenspiel von Reduktion und Oxidation ein wichtiges und komplexes gestalterisches Element, das der Künstler aber nur bedingt beeinflussen kann. Jeder Brand birgt für ihn daher Überraschungen. Ein letztes Mal greift Cleff dann noch in die Komposition ein, indem er bestimmte Stellen schleift und poliert.
Kühle, glatte Oberflächen treffen auf die wärmer anmutende, raue Textur des gebrannten Tons, den unregelmäßig strukturierten Wänden der Anbauten stehen die ebenen, gleichmäßig geformten Elemente gegenüber, die in der Gipsform gebaut wurden. Polierte Engoben auf unebenem Untergrund treffen mit matten Engoben auf regelmäßigem Untergrund zusammen – Michael Cleffs dualistischer Ansatz wird auf diese Weise im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar, seine Experimentierfreude ist in jeder Facette seiner Arbeiten spürbar.
Kommentare sind geschlossen.