Aljoscha Blau entwickelt für jedes Buch einen individuellen Illustrationsstil
„Weil keine Geschichte wie die andere ist, müssen auch die Illustrationen diesen Unterschied zeigen“, sagt der vielfach ausgezeichnete Illustrator Aljoscha Blau.
Der Variantenreichtum der Arbeiten, der sich aus dieser Einstellung ergibt, zeigt sich in bisher über 60 illustrierten Büchern. Das Repertoire seiner Techniken umfasst unter anderem Gouache- und Ölmalerei, Feder-, Bunt- und Bleistift-Zeichnungen, Radierungen und Collagen, die Aljoscha Blau aus Fundblättern, koloriertem Papier und Zeitungen schneidet. Die Spielarten reichen von kühl bis warm, von filigran gezeichneten zu kraftvoll ausgeführten Linien, von zarten Pastell- und Grautönen bis zu leuchtend bunten Farbwelten.
Häufig verbindet der Künstler diese Techniken miteinander, etwa in seinen Illustrationen zu Texten von Heinz Janisch. In „Das Kopftuch meiner Großmutter“ stehen die wie in kindlicher Schönschrift verfassten Gedichtpassagen neben Bildern, in denen feinlinige Gouache-Zeichnungen auf schwarze Flächen und leuchtende Farbakzente treffen und eine magische, geheimnisvolle Wirkung entfalten. In „Rote Wangen“ hat Blau sich entschieden, seinen farbenfrohen Gemälden in Druckbuchstaben handbeschriebene und bekritzelte linierte Schulheftseiten gegenüberzustellen. Und in „Geschichte der Wirtschaft“ (Text: Nikolaus Piper) unterstützt er den fakten- und geschichtsbasierten Text durch Collagen aus Zeitungs- und Papierschnitten, die er mit Zeichnungen kombiniert.
Mit jedem Buch, das er bebildert, lässt Aljoscha Blau sich neu auf dessen Geschichte ein. In einem Interview mit dem Goethe-Institut sagte er über eines seiner Bücher, er habe es lediglich „angekleidet“.
Wenn er, um im Bild zu bleiben, Maß nimmt, entsteht aus dem Hintergründigen, das für ihn bei einem guten Text spürbar wird, ein Einklang, der ihn zu seinen feinfühligen Illustrationen inspiriert. „Beim Illustrieren überlege ich mir lange, wie ich zu dem Buch stehe, was ich zu dem Thema sagen würde, auch ohne den Text gelesen zu haben. Dann wird aufgeschrieben, skizziert, und dann reduziere ich dieses Material, bis das Minimalnotwendige übrigbleibt, um die Idee zu verstehen“, beschreibt der Künstler seine Arbeitsweise im Literaturlexikon für Kinder, „Rossipotti“. Besonders deutlich wird das in dem Jugendbuch „Die Belagerung“ (Text: Martin Baltscheit). Um den kalten sibirischen Winter darzustellen, von dem das Buch handelt, entscheidet sich der Illustrator für drastisch reduzierte Mittel: kräftige Linien, mit der Feder ausgeführt, schwarze Tusche und Gouache.
Aljoscha Blaus Motive entstehen nach eigenen Vorstellungen und Erlebnissen. In der Regel suche er nach etwas in seinem Leben, das er dem Text als Visuelles hinzufügen könne. Das kann ein Zweig sein, der auf der Straße liegt, ein Musikstück, ein Gedanke, eine Geste. „Ich mag es, Dingen Bedeutung beizumessen, die auf den ersten Blick nicht wichtig sind“, erzählt er im Künstlergespräch der Schule für Bildende Kunst und Gestaltung in Berlin. Dass er dabei immer wieder fündig wird, erklärt sich der Künstler so: „Ich hatte das Glück, Lehrer zu haben, die mir gezeigt haben, wie wichtig es ist, immer neugierig auf das Leben zu sein, sich zu artikulieren, Fragen zu stellen, zu kritisieren und sich immer wieder verführen zu lassen.“
Seine einfühlsame Beobachtungsgabe stellt Aljoscha Blau auch in dem Skizzenbuch „Ein Tag in Cap d’Agde“ unter Beweis. Mit vorurteilsfreiem Blick notiert er darin zeichnerisch „die eigentümliche menschliche Schönheit“, die zutage tritt, wenn in dem Naturisten-Ort die Kleidungsstücke abgelegt werden und „im Bewusstsein der eigenen Verletzlichkeit ein Klima der Toleranz entsteht.“
Aljoscha Blau übersetzt die Handlung einer Geschichte in stimmungsvolle Bilder. Sie illustrieren einzelne Momente, vertiefen sie oder erzählen von dem, was nicht im Text steht, von dem Davor oder Danach. Ihre klare Formensprache durchbricht der Illustrator durch spielerisch verzerrte Bildelemente, Proportionen und Perspektiven. Dadurch balancieren sie auf dem schmalen Grad zwischen Realität und Traum. In ihrer Entrücktheit wirken sie poetisch und märchenhaft. Den Leser und Betrachter laden sie auf subtile, häufig humorvolle Weise ein, über den Text nach- oder die Bildwelt weiterzudenken.
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