Er malte wie ein Besessener, ohne Rücksicht auf sein finanzielles Auskommen und getrieben von unbändigem Ehrgeiz: Jacopo Tintoretto (1518/19–1594) verwandelte die Kirchen und Paläste Venedigs mit traumhaften Parallelwelten, bevölkert von Mensch und Tier: riesige Leinwände voller Zeichen und Wunder, historischen Begebenheiten und Visionen. Mit seinem nahezu kometenhaften Aufstieg in der Lagunenstadt brachte das temperamentvolle Genie selbst den großen Tizian in Bedrängnis. Und schon in seinem Frühwerk zeigte Tintoretto seine unnachahmliche, von Erfindungsreichtum, Witz und Wagemut geprägte Erzählkunst, die ihm bei Jean-Paul Sartre den Ehrentitel eines „ersten Filmregisseurs“ eintrug.
Als erstes Museum startet das Wallraf-Richartz-Museum einen internationalen Ausstellungsreigen zum 500. Geburtstag des Malers: In ihrer großen Sonderschau „Tintoretto – A Star was Born“, die bis zum 28. Januar 2018 zu sehen ist, widmet sich die Kölner Gemäldegalerie dem Frühwerk des italienischen Meisters, der zu den produktivsten und einflussreichsten Künstlern aller Zeiten gehört.
Jacopo Tintoretto kam 1518/19 in Venedig als Sohn eines Färbers zur Welt – auf ein präzises Geburtsdatum hat sich die Forschung bisher nicht einigen können. Und wie kein anderer venezianischer Maler reflektiert Tintoretto die Lebenswirklichkeit seiner Heimat. Auf durchaus riskante Weise spiegelt er auch die sozialen und religiösen Spannungen seiner Zeit, reagiert fast seismografisch auf Krisen und Umbrüche. So zeugen seine Bilder vom Glanz und Elend einer untergehenden Großmacht.
Religiöse, allegorische, erotische Gemälde sowie Porträts des jungen Tintoretto kommen in der Kölner Ausstellung nicht nur erstmals zusammen, sondern begegnen auch verwandten Werken seiner künstlerischen Vorbilder und Konkurrenten wie zum Beispiel Andrea Schiavone und Paris Bordone. Ausgewählte Zeichnungen, Druckgrafiken und Skulpturen verdeutlichen darüber hinaus den weiten kulturellen Horizont des aufstrebenden Malers, der sich auch an Literatur und Theater inspirierte. Einst selbst ein „Moderner“, wurde Tintoretto zum zeitlosen Vorbild auch für nachfolgende Künstlergenerationen bis heute: Davon zeugt im Wallraf eine gigantische Tintoretto-Hommage des Katalanen Jorge Pombo (*1973).
Große Museen vertrauten dem Wallraf ihre Schätze an: Zahlreiche Exponate reisten aus Amsterdam, Budapest, London, Madrid, Mailand, Rom, Venedig, Washington und Wien an den Rhein. Die Ausstellung bietet den Besuchern auch neue Forschungsergebnisse. So schreibt Kurator Roland Krischel ein großes und rätselhaftes Gemälde aus der Sammlung der britischen Königin nicht mehr dem flämischen Maler Lodewijk Toeput zu, sondern dem jungen Tintoretto. Das Wallraf zeigt das „Liebeslabyrinth“ der Royal Collection erstmals im Dialog mit gleichzeitig entstandenen Meisterwerken des Italieners. Ebenfalls als bislang unbekanntes und ehrgeiziges Frühwerk Tintorettos wird die „Fußwaschung“ aus dem Musée de Grenoble präsentiert – gleichsam als „Probelauf“ zum Monumentalbild gleichen Themas im Madrider Prado. Und das bislang Annibale Caracci zugeschriebene „Bildnis eines Mannes“ aus dem Palazzo Pitti in Florenz wird nun ebenfalls als von der Hand Tintorettos gesehen – als ein über die eigene Epoche herausweisendes Porträt.
Auf einen Blick
Ausstellung: Tintoretto. A Star was Born
Ort: Wallraf-Richartz-Museum
& Fondation Corboud
Obenmarspforten
(am Kölner Rathaus), 50667 Köln
Internet: www.wallraf.museum
Ausstellungsdauer: Bis 28. Januar 2018
Kommentare sind geschlossen.