Barbara Hepworth im Lehmbruck Museum
Barbara Hepworth (1903–1975) gilt als Schlüsselfigur der europäischen Avantgarde und Meisterin der Abstraktion. Ihr Werk steht beispielhaft für die Befreiung der Form: Hepworths Skulpturen setzen mit Ruhe und innerer Balance ein Zeichen für die befriedende Kraft der Kunst. Als Vorkämpferin der modernen Bildhauerei revolutionierte Hepworth die Kunst mit ihrer Methode des „Piercings“, also Durchstechens der Form. Mit ihrer Kombination aus reduzierten Formen, zeitlosen Materialien und einer naturverbundenen Haltung wurde sie zu einer der führenden britischen Künstlerinnen ihrer Zeit, die internationale Anerkennung fand. Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod bietet die Ausstellung „Die Befreiung der Form – Barbara Hepworth. Meisterin der Abstraktion im Spiegel der Moderne“ im Lehmbruck Museum in Duisburg (bis zum 20. August 2023) neue Perspektiven auf ihr Schaffen.
Barbara Hepworth wurde 1903 in Wakefield, Yorkshire, als Tochter eines Bauingenieurs geboren. Sie erhielt Stipendien für die Leeds School of Arts (1919–21) und das Royal College of Art (1921–24). Zwischen ihr und ihrem Kommilitonen Henry Moore entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. Im Jahr 1924 erhielt sie ein Reisestipendium und verbrachte die Jahre 1924 bis 1925 in Italien, wo sie 1925 den Bildhauer John Skeaping heiratete. Sohn Paul wurde 1929 geboren. Obwohl Hepworths frühe Skulpturen noch figurativ waren, begann sie damit, Formen zu vereinfachen, indem sie Details reduzierte oder eliminierte. Ab Mitte der 1930er-Jahre arbeitete sie vollständig abstrakt. 1931 lernte Hepworth Ben Nicholson kennen. Gemeinsam schlossen sie sich 1933 der Gruppe Abstraction-Création und im selben Jahr Unit 1 an. Ein Jahr später wurden ihre Drillinge geboren. In den 1930er-Jahren arbeiteten Hepworth, Nicholson und Moore eng zusammen und bildeten den Kern der abstrakten Bewegung in Großbritannien.
1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, zog Hepworth mit Nicholson nach St. Ives in Cornwall, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. In den 1950er-Jahren genoss Hepworth großes Ansehen und nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil, darunter die Biennale von Venedig (1950) und die documenta in Kassel (1955/1959). Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie viele prestigeträchtige öffentliche Aufträge und Auszeichnungen, unter anderem 1959 den Hauptpreis der Biennale von São Paulo. Darüber hinaus wandte sich Hepworth auch anderen Bereichen der Kunst zu: Sie entwarf Bühnenbilder und Kostüme für Sophokles’ „Elektra“ (1951) und Michael Tippetts Oper „The Midsummer Marriage“ (1955) und gründete das St. Ives Festival of Music and the Arts (1953).
1975 kam Hepworth bei einem Brand in ihrem Atelier ums Leben. In ihrem Nachruf im Guardian wurde sie als „wahrscheinlich die bedeutendste Künstlerin in der Geschichte der Kunst bis heute“ bezeichnet.
Barbara Hepworth wurde 1951 in das Komitee des zweiten LCC Open Air Exhibition of Sculpture im Battersea Park gewählt. 1973 wurde sie zum Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters ernannt. 1960 erhielt sie die Ehrendoktorwürde der University of Birmingham und 1961 der University of Leeds. 1964 wurde sie Mitglied des Kuratoriums der Tate Gallery. 1965 folgte die Ehrung mit dem Orden Dame Commander of the British Empire und 1968 eine Retrospektive in der Tate Gallery, London. Im selben Jahr erhielt sie die Ehrendoktorwürde der University of Oxford.
Hepworth war Teil eines großen Netzwerks fortschrittlich denkender Künstlerinnen und Künstler, die der modernen Kunst wichtige Impulse gegeben haben. Zu ihnen gehörten Hans Arp, Constantin Brâncuși, Naum Gabo, Alberto Giacometti, Henry Moore und Antoine Pevsner, deren Skulpturen in der Duisburger Zusammenschau mit den Werken Hepworths zu sehen sind. Die Ausstellung gibt so Einblicke in einen der entscheidenden Momente in der Entwicklung der modernen Bildhauerei. Hepworths Kunst steht für die Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg und für die Zuversicht, dass die Abstraktion die Kraft hat, auch an der Befreiung der Gesellschaft mitzuwirken.
Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod eröffnet die Ausstellung neue Perspektiven auf das Schaffen Barbara Hepworths und zeichnet die Verbindungen zu ihren Zeitgenoss*innen und ihren Einfluss bis in die Gegenwart hinein nach. Sie umfasst rund 50 Exponate, darunter mehr als 20 Skulpturen von Barbara Hepworth, und zeitgenössische Positionen der Künstler*innen Nevin Aladağ, Julian Charrière, Claudia Comte, Tacita Dean, Nezaket Ekici und Laurenz Theinert, deren Werke Hepworths Ideen aktualisieren und ihre formalen und ästhetischen Qualitäten neu interpretieren.
Die Ausstellung eröffnet ein halbes Jahrhundert nach dem Tod der Künstlerin neue Perspektiven auf das Schaffen Barbara Hepworths und zeichnet ihren Einfluss bis in die Gegenwart nach.
Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit The Hepworth Wakefield, das 2011 auf der Basis einer Schenkung der Familie Hepworth an die englische Stadt Wakefield eröffnet wurde. Dort sind 44 Exponate aus Gips und Aluminium zusammen mit der Werkbank und den Werkzeugen der Künstlerin in zwei Galerien ausgestellt, die Barbara Hepworths Arbeitsweise erforschen. Ergänzt wird die Duisburger Schau durch Leihgaben aus der Royal Collection, London, dem Kröller-Müller Museum in Otterlo, dem Sprengel Museum, Hannover, dem Pier Arts Centre, Stromness, dem Kunstmuseum Den Haag, und dem Museum Morsbroich, Leverkusen.
„Die Skulpturen Hepworths wirken in ihrer Zeit stilbildend“, so Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck Museums. „Formvollendung, Präzision und eine neue Schönheit sind die Kennzeichen ihrer Skulpturen, die uns zum freien Denken inspirieren. Sie streben danach, die Beschränkungen von Zeit und Raum zu überwinden und lassen neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens entstehen.“
Auf einen Blick
Ausstellung
Bis 20. August 2023
Die Befreiung der Form –
Barbara Hepworth. Meisterin der
Abstraktion im Spiegel der Moderne
Katalog
Barbara Hepworth.
Die Befreiung der Form
Söke Dinkla (Hrsg.),
Beiträge von C. Clayton,
S. Dinkla, E. Enderby, D. Hannah,
J. Keilholz-Busch, dt., geb., 176 S.
m. 100 Abb. in Farbe, 24 x 28 cm,
Hirmer, ISBN 9783777441436
Ort
Lehmbruck Museum
Düsseldorfer Straße 51, 47051 Duisburg
Tel. +49-(0)203-2833294
www.lehmbruckmuseum.de
Hallo, ich wünschte der Artikel wäre noch etwas länger und ausführlicher. Aber man kann nicht alles haben. 😉 VG