„Metamorphose Graffiti“ in Witten
Die Schau „Metamorphose Graffiti“ in den sechs Wechselausstellungsräumen des Märkischen Museums Witten widmet sich der faszinierenden Entwicklung der Graffitikultur: Vom rebellischen Vandalismus im urbanen Raum hin zu anerkannten Kunstwerken in Museen, offenbart sie die Evolution dieser Kunstform und beleuchtet die unerwartete Reise der Künstlerinnen und Künstler, die ihre Wurzeln im Graffiti haben. Das Projekt wurde kuratiert und künstlerisch mitgestaltet von dem Wittener Graffitikünstler Herr Choko.
In den verschiedenen künstlerischen Perspektiven spiegeln die gezeigten Werke die Transformation und den fortwährenden Dialog zwischen der urbanen Kultur und der etablierten Kunstwelt wider. Das verbindende Element der ausgewählten Kunstschaffenden ist der Ursprung im Graffiti aus dem Ruhrgebiet. Die Graffitikultur im Ruhrgebiet hat sich seit den 1980er-Jahren etabliert und ist heute ein wichtiger Bestandteil der urbanen Kunstszene. Die Praxis des Graffitis geht über die eigenmächtige Umgestaltung von privaten Häuserwänden oder Transportmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs hinaus, die im politischen und öffentlichen Diskurs oft auf Schlagworte wie „Schmiererei“ und „Vandalismus“ reduziert wird. Es gibt jedoch auch eine Debatte darüber, ob Graffiti als Kunst oder Vandalismus betrachtet werden sollte. Einige Menschen sehen Graffiti als künstlerischen Ausdruck, während andere es als illegal und schädlich für die Umwelt betrachten. In den letzten Jahren hat sich die Bewegung namens „Post-Vandalismus“ entwickelt, die Graffiti als legitime Kunstform ansieht. Um diesen Begriff weiterhin zu prägen und seine Relevanz innerhalb der zeitgenössischen Geschehnisse zu festigen, zeigt das Märkische Museum eine ausgewählte Gruppe von Kunstschaffenden, die ihre Arbeiten und Ansichten in die Gesellschaft hinein kommunizieren und die Energie der Straße in den Innenraum transportieren. Direkt im ersten Raum präsentieren sich die Künstlerin und die Künstler mit jeweils einem Werk. Dem schließen sich fünf Räume mit Einzelpräsentationen an.
Anne Brauer dokumentiert mit ihren Fotografien die Aktivitäten der Graffitikünstler*innen-Gruppen vor und nach ihrem „illegalen Einsatz“. Brauers persönlicher Blick erlaubt ein Eintauchen in die Aufregung der Beteiligten der Aktionen und transportiert eine Stimmung von Erwartung und Gefahr – ihre Aufnahmen der abendlichen urbanen Landschaften und Brachen vermitteln eine besondere Atmosphäre. Die konsequent in Schwarz-Weiß gehaltenen Werke von Herrn Choko entstammen der Sprühdose und zeigen kontrastreiche Facetten in collagierten Details auf Holz und selbstgebauter Leinwand aus dem urbanen Raum.
MASON ist seit Mitte der 1980er-Jahre im Bereich Graffiti aktiv und gehört zu den profiliertesten Protagonisten dieser Kunstform. Geometrische Formen, typografische Konstruktionen und ein grafischer Duktus sind das Wesen seiner künstlerischen Arbeit. Der Name MASON bildet in all seinen Werken das Zentrum, an welches alle weiteren Formen in seiner jeweiligen künstlerischen Arbeit anschließen. Für die Wittener Schau erarbeitete er eine Wandmalerei, die er mit seinen Fotografien und einem Gemälde versehen hat (s. Titelabbildung).
Betreten die Besuchenden den Raum von Mathias Weinfurter, werden sie von an der Wand angebrachten Bauzäunen umringt. Der absperrende Bauzaun als typisches wiedererkennbares Nutzobjekt im öffentlichen Raum wird von Weinfurter entfremdet und umgedeutet. So arrangiert und installiert er zurechtgeschnittene Elemente zu einer geisterhaft wirkenden Silhouette einer Stadtlandschaft. Die einzelnen Elemente sind zudem ebenso ausgewiesene Kunstwerke, deren Verfremdung nur bei genauerer Betrachtung sichtbar werden.
Der letzte Raum befasst sich mit klassischer Malerei und Zeichnung. Der hier gezeigte Künstler Jan Birkenwald ist seit seiner Jugend aktiver Teil der regionalen Graffitibewegung. Die Serie „Aktualisierungen“ entstand über mehrere Jahre, in der jede Arbeit im Laufe der Zeit verändert und erweitert wurde. Jedes Werk, auch in seiner Malerei, wird als Fenster in eine virtuelle Welt verstanden, in der die Veränderungen der Oberfläche sichtbar gemacht werden. Bemerkenswert ist die surrealistische Anlehnung der Bildsprache Birkenwalds – maschinenhafte, fast spielzeugartige Wesen auf den Papierarbeiten und unwirkliche Landschaften auf den Gemälden bieten viel Raum für freie Assoziationen.
Ausstellung
Bis 2. Februar 2025: Metamorphose Graffiti – Ästhetik der Auflehnung
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 12:00 bis 18:00 Uhr
Märkisches Museum Witten
Husemannstraße 12
58452 Witten
Tel.+49-(0)-2302-5812550
https://www.kulturforum-witten.de/de/maerkischesmuseumwitten/