Ausstellung

Einzelgänger und Paare

Michael Zeidler im Märkischen Museum Witten

Die Ausstellungshistorie des Märkische Museums Witten belegt, dass sogenannte „Jubiläumsausstellungen“ im Wechsel- oder Sammlungsbereich regelmäßig vorkommen. Im Besonderen finden hier KünstlerInnen ihre Werke präsentiert, die sich durch Offenheit und Eigenständigkeit auszeichnen und deren künstlerische Leistungen als übergeordnet zeitlos zu charakterisieren sind. Anlässlich des 65. Geburtstags des in Leipzig geborenen Künstlers Frank Michael Zeidler präsentiert das Haus derzeit ausgesuchte Zeichnungen und Gemälde, die der Künstler teilweise eigens für die Schau neu geschaffen hat.

Die Einzelausstellung in den sechs Räumen mit insgesamt fünfzig Werken thematisiert maler- und zeichnerische Möglichkeiten der Vergegenwärtigung von Gegensätzlichkeit. Dabei kann es sich zum einen um Elemente innerhalb einer einzelnen großformatigen Zeichnung handeln, aber auch um die Gegenüberstellung zweier Gemälde. Der Künstler ist fasziniert vom gestalterischen Sinnieren über die vermeintlichen Gegensätze von „Schwarz und Weiß“, „Farblosigkeit gegenüber Farbenpracht“, „puristischer Zeichnung versus Flächengestaltung“. Zeidler erklärt sein künstlerisches Suchen aus der abendländischen Vorstellung des Grundprinzips von „These und Antithese“. Es sind abstrakte Bildwerke, die aber durchaus auch die Grenze zur Figuration übertreten. Kräftige, flächige, entschlossen gesetzte Farbaufträge wechseln mit unruhigen, impulsiven Linien und Schraffuren. Ein Bildinhalt ist ebenso wenig bestimmbar, wie eine grundlegende Struktur die Räumlichkeit erkennen lässt. Vornehmlich arbeitet Zeidler mit Bleistift und Grafit auf Papier, seine Gemälde sind Mischtechnik, Acryl und Sand auf Leinwand.

Bereits im ersten Raum erhält der Besucher die eindeutige Information der Gleichbehandlung und Ebenbürtigkeit von Zeichnung und Malerei. Die Papierarbeit „Graf Luckner“ ist die einzige Collage mit eindeutig gegenständlichen Elementen in der Schau und beschreibt eine grundlegende Herangehensweise des Künstlers bezüglich des Bildaufbaus und seines Inhalts, der Erzählung. Hier werden Wechsel und Übergang zwischen dem ungegenständlichen ins Abstrakte und wieder zurück in die angedeutete Gegenständlichkeit und dann wieder die Leere und das Nichts beschrieben. Zwei Räume sind ausschließlich seinem zeichnerischen Werk gewidmet. Die für Witten entstandene Arbeit „Großer Lappen, Paare in Einem“ ist eine wandgroße Zeichnung, die deutliche Bezüge zur Arbeit des amerikanischen Künstlers Cy Twombly zulässt, der ebenfalls schwungvolle, teilweise verwischte Krakeleien zu einem gewebeartigen Grundduktus über das Papier oder die Leinwand legt.

Bei vielen Bildwerken Zeidlers sind besonders die Aussparungen oder offenen, leeren Bereiche bemerkenswert. Oftmals wirken geballte oder abwechselnde Farbaufträge, Verwischungen und Linien wie Inseln im Meer oder nicht definierbare schwebende Gebilde in der Atmosphäre. Er erschafft keine klar definierten Bildwelten, sondern nähert sich einem Inhalt ohne Festlegung und ohne fassbare Strukturen. Bei der Entstehung wird unermüdlich übermalt, korrigiert und verändert, bis ein „Ergebnis“ aus der Fülle scheinbar vorläufiger und flüchtiger Partien hervortritt. Farblich dominieren Gelb, Grau, Grafitschwarz, Schwarz, Weiß, Rosa und Rot. Gewissheit wird der Betrachter bei der Erfassung Zeidlers Werke nicht erlangen, vielmehr befindet er sich aufgrund der Offenheit seiner Malerei und Zeichnung in einem Zwischenbereich der Benennung von eventuell Gegenständlichem und nicht zuzuordnender abstrakter Formulierung. Die Offenheit seiner Werke lässt viel Assoziationsspielraum beim Betrachter zu. Andererseits bewirken eindeutige Werktitel wie „Nacktes gelbes Paar“ oder poetisch, philosophisch anmutende Titel wie „Alles Rosa wird vergilben“ ein deutliches Bild oder einen definierten Gedanken beim Betrachter, den er auf der Leinwand und dem Papier wiederfinden kann.

Auf einen Blick

Ausstellung:
Frank Michael Zeidler. Einzelgänger und Paare
Ort: Märkisches Museum Witten, Husemannstraße 12, 58452 Witten
Dauer: bis 27. Januar 2019

Internet: https://www.kulturforum-witten.de/maerkischesmuseumwitten/

Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag bis Sonntag 12.00 bis 18.00 Uhr,
Donnerstag 12.00 bis 20.00 Uhr, montags, dienstags, an Feiertagen geschlossen.

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Profile

Das Märkische Museum Witten verfügt über eine Sammlung mit rund 5.000 Werken deutscher Malerei und Grafik des 20. Jahrhunderts. Einen Schwerpunkt bildet das deutsche Informel. Die wichtigsten Protagonisten, wie zum Beispiel K.O. Götz, Peter Brüning, Winfred Gaul, Gerhard Hoehme, Emil Schumacher, Fred Thieler und viele andere, sind in der Sammlung vertreten. Das Museum spiegelt die Entwicklungen der Abstraktion in der Kunst in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Ein ausgesuchter Bestand an Werken der Expressionisten bildet den Grundstock der Sammlung. Neben den wechselnden Sammlungspräsentationen stellen die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst einen weiteren Schwerpunkt des Hauses dar. Hierbei werden aktuelle Entwicklungen der deutschen und internationalen Gegenwartskunst vorgestellt.

[Foto: Jörg Fruck]

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