Günter-Drebusch-Preis 2020 an Matthias Plenkmann verliehen
In diesem Jahr wurde in Witten zum 7. Mal der „Günter-Drebusch-Preis“, ein alle drei Jahre ausgelobter Kunstpreis, vergeben. Der Kunstpreis ist benannt nach dem bekannten Wittener Künstler Günter Drebusch (geb. 1925 in Witten; gestorben 1998 ebenda), der vornehmlich auf Papier und grafisch gearbeitet hat. Vergeben wird der Preis vom Rat der Stadt Witten, dem Kunstverein Witten e.V. und dem Kulturforum Witten. Über die Vergabe des Preises haben in diesem Jahr Prof. Dr. Manfred H. Wolff, erster Vorsitzender des Kunstverein Witten e.V., Christoph Kohl, Leiter des Märkischen Museums Witten und Regina Selter, stellvertretende Direktorin des Museums Ostwall im Dortmunder U, als unabhängige Fachjury entschieden.
Diesjähriger Preisträger ist der Dortmunder Künstler Matthias Plenkmann, geboren 1989 in Duisburg. Er hat von 2013 bis 2019 an der Technischen Universität Dortmund und im Anschluss an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert. „Für Matthias Plenkmann entschied sich die Jury aufgrund seines zeichnerischen und druckgrafischen Werkes – gerade wegen seiner poetisch anmutenden Überlagerung von Außen- und Innenwelten, seiner hohen zeichnerischen Sensibilität und seinem Können, sich zwischen den verschiedenen Medien sicher zu bewegen und ihnen jeweils einen eigenen Charakter zu verleihen“(Regina Selter). Neben ihm werden mit Inessa Emmer (*1986), Julius Reinders (*1993), Beatrice Richter (*1989) und Carmen Schaich (*1987) weitere Nominierte in der Ausstellung „Günter-Drebusch-Preis 2020“ im Märkischen Museum Witten gezeigt (bis 17. Januar 2020).
Die Gruppenausstellung ist erstmalig im großen Sammlungsbereich im Altbau des Märkischen Museums zu sehen. In dieser Schau stehen repräsentative, großformatige Werke intimen Papierarbeiten und Lithografien gegenüber. Preisträger und Nominierte werden gleichberechtig und in erzählerischer Zusammenstellung parcoursartig den interessierten Besucher*innen präsentiert. Bereits im Eingangsraum, dem ersten Seitenschiff des kirchenbauartigen Altbaus des Museums, begrüßen die beeindruckenden Radierungen von Carmen Schaich (*1987), die auf ein raumgreifendes, surrealistisch anmutendes Triptychon von Inessa Emmer (*1986) reagieren. Emmer bezeichnet sich als Holzschneiderin, die schon seit Beginn ihres Studiums konsequent mit dem Naturmaterial Holz arbeitet. Ihren Akademiebrief hat sie 2018 als Meisterschülerin bei Prof. Thomas Grünfeld an der Kunstakademie Düsseldorf erworben. Eingenommen von Haptik und Geruch experimentiert sie mit den Möglichkeiten des Materials und fertigt surreale, farbige Bildwelten, die den Betrachter staunen und träumen lassen. Es entstehen großformatige, figurative Holzschnitte auf Nessel. „Bis eine neue Idee für eine Arbeit umgesetzt wird, ist es ein langer Weg, denn es sind viele Schritte von der ersten Skizze bis zum fertigen Druck. Beim Schneiden des Druckstocks weiß man nie genau, wie es am Ende aussehen wird. Das schönste Gefühl ist für mich, wenn man zum ersten Mal den Druck sieht und das ist die Belohnung für die ganze harte Arbeit“ (Inessa Emmer).
Im rechten „Kapellenraum“ sind eine Reihe von schwarz-weißen und in verschiedenen Graustufen gearbeitete Lithografien von Matthias Plenkmann in Verbindung mit einem Gemälde des informellen Malers Hubert Berke zu sehen, das in seiner formal abstrakten Tendenz eine gewisse Anlehnung an die zeitgenössische Position einer abstrakt-gegenständlich Haltung Plenkmanns aufweist. In der gesamten Ausstellung werden immer wieder informelle Malereien und Großzeichnungen eines Günter Drebusch, Hans Kaiser, K.O. Götz und Fred Thieler aufgenommen, um künstlerische Äußerungen aus der Vergangenheit in direkten Kontakt zu zeitgenössischen Werken zu bringen, die immer wieder inhaltlich künstlerische Entwicklungen und Transformationen der Gegenwart demonstrieren.
In Mittelschiff und Chor begegnen den Besucher*innen fantastische Blumenköpfe von Inessa Emmer in direkter Nachbarschaft zu filigranen Zeichnungen von Matthias Plenkmann und den faszinierenden Radierungen Kanonaden von Carmen Schaich. Die grafische Kunst ist der Künstlerin als Ausdrucksmittel außerordentlich wichtig. Ebenso arbeitet sie aber bildhauerisch und ist bekannt für ihre bemerkenswerten Installationen mit gesellschaftsrelevantem Kontext. So war Carmen Schaich auch Meisterschülerin der Installationskünstlerin Franka Hörnschemeyer an der Düsseldorfer Kunstakademie. Schaichs großformatige Radierungen zeigen Tablettenberge, hochfeine Flechtwerke mit dem Titel Falle, deren dargestellte Stofflichkeit fühlbar ist, und durchschossene Glasscheiben. Die beieinander liegenden Schusslöcher bilden den Umriss eines menschlichen Körpers und die durch die Schüsse verursachten Risse in den Scheiben ziehen sich über das gesamte Bildwerk. Der surrealistische Moment geschieht an jedem Tag. Wie die Künstlerin selbst äußert: „Eine ruhige Beunruhigung, fragil und kraftvoll.“
Das hintere Seitenschiff wird von zwei großen Arbeiten der Künstlerin Beatrice Richter (*1989) in Verbindung mit dem „Großen Gong“ von Fred Thieler eingenommen. Bei Werken von Beatrice Richter glaubt die Betrachter*in vermeintlich getrocknete und gepresste Pflanzen, umrahmt von ovalen Passepartouts, zu erkennen. Andere Werke erinnern an altmeisterliche Stilleben. Tatsächlich betitelt die Künstlerin ihre Werkgruppen mit Herbarium und Mortalitas. Ein Verweis auf vergangene Epochen in der bildenden Kunst ist hier ebenso immanent wie die Rezeption, Befragung und Darstellbarkeit naturwissenschaftlicher und zeitgeistiger Phänomene. Die Meisterschülerin von Herbert Brandl (Kunstakademie Düsseldorf) interessiert der künstlerische Prozess – sowohl in der Entstehung einer einzelnen Arbeit, aber auch in der Bearbeitung und Weiterentwicklung eines Themas durch und in der Erarbeitung einer Serie. Abstraktion und Figuration gehen in ihren Werken Hand in Hand. Bemerkenswert ist auch die Verwendung und Verarbeitung unterschiedlichster Materialien in ihren Werken; hier zerfließen Collagen und Frottagen mit feiner Tuschemalerei. Im Fries sind im Kapellenraum Zeichnungen mit Fragmenten von Stadtlandschaften und Architekturen des Künstlers Julius Reinders (*1993) gehängt worden. Seit 2019 studiert der Künstler an der Kunstakademie Düsseldorf und war zuvor bei Prof. Bettina van Haaren und Patrick Borchers an der Technischen Universität Dortmund Kunst mit dem Schwerpunkt Grafik. “Das Spazierengehen als Seherfahrung“, ein Titel seines Textes in einer Publikation, beschreibt den Werdegang seiner meist kleinformatigen Zeichnungen. Mit Grafitstift und Farbstift wird das Gesehene oder ein besonderer Eindruck auf das Papier gebracht. Wie Goethe seine Reiseerfahrungen niederschrieb, so schildert Julius Reinders durch seine Arbeiten Eindrücke und besondere Seherlebnisse. Fragmente von Landschaften, Architekturen, Skulpturen und Menschengruppen werden offen und schwebend auf das Blatt gesetzt. Die Zeichnungen wirken abgeschlossen und unfertig zugleich, wie aus einer Bilderzählung gerissen und doch sagen sie alles. Die besondere Qualität dieser individuellen Momentaufnahmen aber liegt in der Vermittlung einer besonderen Atmosphäre, und das gezeichnete Objekt oder die Situation stellt sich als souverän einzigartig heraus.
Zurück im Mittelschiff steht die Besucher*in direkt vor dem neu eingebauten Fahrstuhl, der die Ebene mit der Empore nun verbindet und einen problemlosen Zugang zum oberen Ausstellungsbereich ermöglicht. Dort zeigt das Märkische Museum Witten eine Auswahl verschiedener Grafiken aus dem eigenen Bestand. Anhand einer repräsentativen Auswahl werden die unterschiedlichen grafischen Techniken von der Kohlezeichnung bis zur Aquatinta vorgestellt.
Auf einen Blick
Ausstellung
Bis 17. Januar 2021: Günther-Drebusch-Preis 2020
Öffnungszeiten
Mittwoch–Sonntag 12.00–18.00 Uhr
Das Märkische Museum Witten bleibt vorerst geschlossen.
Kontakt
Märkisches Museum Witten
Husemannstraße 12, 58452 Witten
Tel. +49-(0)2302-581 2550
www.kulturforum-witten.de/maerkischesmuseumwitten/
Kommentare sind geschlossen.