Ausstellung

„Beton“ in der Kunsthalle Wien

Häuserblöcke, schwebende Straßen und das Design des Raumfahrtzeitalters: Bei der Stadtplanung der Nachkriegszeit ging es um mehr als nur ums Bauen. Es ging um die Umsetzung einer „Beton-Utopie“, die auf dem fortschrittlichsten Material jener Zeit basierte. Bis heute gilt Beton als progressiv. Die gleichnamige Ausstellung in der Kunsthalle Wien betont diese Modernität des Materials bis in die Gegenwart hinein.

In den 1960er-Jahren entwickelte sich ein Baustil, der in direkter Beziehung zum Material stand – der sogenannte Brutalismus, nach dem französischen Wort für rohen Beton: béton brut. Brutalistische Architektur steht für Kompromisslosigkeit und Radikalität. Die Flexibilität des Materials mit dem Potential für ausdrucksstarke Formgebung ermöglichte es, das Experiment in den Vordergrund zu rücken und die Möglichkeiten des Materials bis an seine Grenzen auszuloten. Beton zeichnet sich aber auch durch eine bedeutende soziale Komponente aus: Große soziale Bauvorhaben der Spätmoderne wie Gemeindebauten, Erziehungseinrichtungen und Kulturzentren wurden in Beton umgesetzt. Ende der 80er-Jahre in Verruf geraten, erlebt das Material heute eine Renaissance: Zeitgenössische Künstler/innen wie Isa Genzken, Annette Kelm, Hubert Kiecol, Ron Terada oder Tobias Zielony sind fasziniert von der Dualität aus expressiver Ästhetik und dem „Human Modernism“, für die Beton-Architektur steht. Obgleich manche Gebäude heute nur noch im ruinösen Zustand erhalten sind und als Zeugnisse einer gescheiterten Ideologie erscheinen, ist ihnen trotzdem das modernistische Bekenntnis zu einer innovativen Gestaltung realer Lebensverhältnisse anzusehen. Im Sinne eines Blicks zurück nach vorn sucht die Ausstellung deshalb auch die Potenziale des Betons für unsere Gegenwart zu reaktivieren. Nicht aus nostalgischen Gründen, sondern um daran zu erinnern, dass Architektur mehr sein kann als lediglich umbauter Raum. Und auch wenn man auf die ästhetischen Implikationen des Betons zurückschaut, wird das Material zum Gegenstand einer Suche nach Möglichkeiten, die vielleicht erst in der Zukunft liegen.

Auf einen Blick:

Ausstellung: Beton
Ort: Kunsthalle Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien, Austria
Zeit: bis 16. Oktober 2016
Internet: www.kunsthallewien.at

0 Kommentare
Kommentare einblenden

Profile

Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1992 – ursprünglich als Provisorium in Containerform, heute mit den beiden Standorten Museumsquartier und Karlsplatz – präsentiert die Kunsthalle Wien als städtische Institution nationale wie internationale zeitgenössische Kunst. Sie ist damit gleichermaßen Ort für das Etablierte wie Verhandlungsstätte gegenwärtiger gesellschaftlicher Themen und zukünftiger Entwicklungen.

Website der Kunsthalle Wien ›

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: