Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf
Seine Sujets sind die alltäglichen Dinge: Zerknautschte Tuben, benutzte Pflaster und eselsohrige Bücher. Ob Hund oder Heroin, Mensch oder Meerschweinchen, Schokolade oder Marmeladenbrot – Cornelius Völker malt alles ebenso akribisch wie virtuos. Doch so unterschiedlich Cornelius Völkers Bilder auch zu sein scheinen: Charakteristisch ist seit jeher sein temperamentvoller und farbintensiver Stil. Er wendet sich vertrauten Dingen zu, lässt diese jedoch in neuem Licht erscheinen. Und so erhebt er auch Salbentuben und Kaffeetassen zum Bildgegenstand, nobilitiert durch seinen virtuosen Umgang mit der Farbe. Jetzt zeigt der Kunstpalast in seiner Heimatstadt Düsseldorf die erste institutionelle Werkübersicht mit 85 Ölgemälden und 50 Arbeiten auf Papier aus allen Schaffensphasen.
Cornelius Völker erkundet seit nunmehr 30 Jahren die Malerei in allen erdenklichen Spielarten. Geboren 1965 in Kronach, studierte Völker in den Jahren 1989 bis 1995 an der Kunstakademie Düsseldorf bei A.R. Penck und Dieter Krieg. Heute lebt Völker in Düsseldorf und New York; seit 2005 bekleidet er eine Professur an der Kunstakademie Münster. Noch während seiner letzten Ausbildungsjahre in Düsseldorf entwickelte Cornelius Völker seine kraftvolle, figurative Malerei, in der sich Realismus und expressiver, pastoser Farbauftrag zu einer besonderen Bildsprache formen und überraschende Facetten des Dargestellten freilegen. Die Kunstgeschichte ist dabei für ihn unverzichtbarer Anker und Inspiration zugleich: Seine Werke sind gleichermaßen Reflexion über die Kunst – seine Malerei schafft Rückbezüge, macht sich selbst zum Gegenstand.
Ein grundlegendes Thema, mit dem sich der Maler dabei fortlaufend auseinandersetzt, ist die Zeit. „Cornelius Völkers Malerei handelt vom Erscheinen und Verschwinden der Dinge, sie macht uns die Wahrnehmungsweise der Zeit bewusst, die zwar linear und konstant verläuft, sich in der Geschichte und Kultur des Menschen aber ausgesprochen komplex akzentuiert und verdichtet ereignet“, so erklärt Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast. „Die Auswahl der in unserer Ausstellung gezeigten Werke und ihr erzählerischer Zusammenhang verweist auf Völkers vielschichtige Darstellungsebenen der Zeit. Sie veranschaulicht die inneren Zusammenhänge dieser vermeintlich disparaten Bildwelt“, erklärt Krämer.
In der Düsseldorfer Schau führen neun Kapitel durch das Œuvre Völkers. Der einleitende Raum thematisiert die Frage nach der Aktualität des Mediums Ölmalerei im 21. Jahrhundert. Die in kräftigen Farben leuchtenden Bilder Cornelius Völkers sind Beispiele dafür, wie Kunstwerke unsere Wahrnehmungsfähigkeiten steigern können und so ein Gefühl intensivierter Gegenwart auslösen. Der Bereich „Mensch und Tier“ zeigt, wie Völker sich mit der Tradition des Stilllebens auseinandersetzt: Auf den Gemälden, die Meerschweinchen ähnlich Popstars darstellen, scheint die Zeit stillzustehen und die verschiedenen Malweisen rücken ins Zentrum der Betrachtung.
Zum Thema „Versuchung“ hat Völker zahlreiche Gemälde geschaffen: Schokolade, Kaffee, Alkohol, aber auch härtere Drogen sind auf ihnen zu sehen, ebenso wie einige Handfeuerwaffen. Es sind unübliche Motive, die polarisieren und eine dunkle Seite der Existenz streifen. Darstellungen von Menschen in ihrer prekären Verletzlichkeit werden im Kapitel „Mensch sein“ vorgestellt. Bilder von benutzten Tampons und Pflastern, von Narben und Organen oder von Menschen, die ihren Kehlkopf strecken, verleiten zum genauen Hinsehen.
„Cornelius Völker hat ebenso wenig Angst vor existenziellen Themen wie vor dem Humor und der vordergründigen Dekoration. In der Faktur seiner Bilder wird die Zeit anschaulich, die der Maler mit seinem jeweiligen Bild verbracht hat. Die einzige Zeit, die er nicht kontrollieren kann, ist die des Publikums. Malerei ist sehr großzügig mit dieser Zeit – wir können selbst darüber entscheiden. Dass wir diesem außergewöhnlichen Maler viel Zeit zurückgeben sollten, macht sein Werk klar“, zeigt sich Kurator Kay Heymer überzeugt.
Realismus und expressiver, pastoser Farbauftrag formen sich zu einer besonderen Bildsprache und legen überraschende Facetten des Dargestellten frei.
Eine wichtige Rolle spielt das Thema „Pflanzen“ für Cornelius Völker, ist doch mit ihrer Darstellung das Vergehen der Zeit besonders sinnfällig darzustellen. Seine großformatigen Stillleben schwelgen nicht in Opulenz oder exotischer Vielfalt, sondern evozieren innere Bilder und lassen fast unbehaglich leise die Auflösung erahnen. Hier knüpft Völker an eine lange Tradition europäischer Malerei an: Blumenstillleben als Sinnbild für die Vergänglichkeit des Lebens.
Ein weiterer Raum der Düsseldorfer Ausstellung stellt rund 50 Arbeiten auf Papier vor, die neben den Gemälden eine wichtige Rolle im Schaffen von Cornelius Völker einnehmen. Zeichnungen und Aquarelle aus den Jahren 1998 bis 2023 entstehen oft parallel zu Gemälden derselben Themen und greifen auch teilweise deren Motive auf. Doch handelt es sich nicht um Studien oder Skizzen, die den malerischen Prozess vorbereiten, sondern vielmehr um Arbeiten, die für sich stehen.
Cornelius Völker wendet sich in seiner Malerei vertrauten Dingen zu, lässt sie jedoch in einem völlig neuen Licht erscheinen. Charakteristisch ist sein temperamentvoller und farbintensiver Stil.
Wie der Raum „Vanitas“ zeigt, bezieht sich der Künstler in vielen seiner Stillleben auf die kunstgeschichtliche Tradition. Ob Vasen mit Schnittblumen, ein brennendes Feuerzeug, Still leben mit eingeweckten Früchten oder die Asche einer erloschenen Kerze: Völker greift alte Motive der Darstellung von Vergänglichkeit auf und überführt sie in die Gegenwart.
Eine große Werkgruppe stellt „Papier“ als Motiv in verschiedenen Varianten vor: Schnipsel, Zeitungen, Fotos, Post-its, Postkarten – zerknüllt, gestapelt, aufgehängt. Auch durch die zahlreichen Bilder zum Thema „Bücher“ ist die Bedeutung des Materials Papier für Völker sichtbar, die mit vier Gemälden einen eigenen Bereich in der Ausstellung belegen. Gestapelte und aufgeschlagene Kunstbände, aber auch ein aus Büchern entstehender Aschehaufen im letzten Raum sind auf ihnen zu sehen: Meditationen über die Vergänglichkeit des Daseins.
Ausstellung
Bis 7. Januar 2024
Cornelius Völker
Katalog
Cornelius Völker
Vom Erscheinen und Verschwinden der Dinge
Hrsg. vom Museum Kunstpalast, Düsseldorf, und Museum MORE, Gorssel, mit Texten von Kay Heymer und Maite van Dijk,
192 Seiten, 110 Farbtafeln, Schirmer/Mosel 2023, ISBN 9783829609906
Kontakt
Kunstpalast
Ehrenhof 4–5
40479 Düsseldorf
Tel. +49-(0)211-8996260
www.kunstpalast.de