„Nur Kinder und Tiere können das Atelier durchqueren, ohne dabei etwas zu zerstören“, sagte Pablo Picasso (1881–1973), der seinen Freunden als Mensch mit einer großen Achtung vor allen Kreaturen galt. Der Künstler liebte Tiere über alles: Schon im Elternhaus in Málaga wurden Tauben gehalten, die sein Vater malte und den Sohn lehrte, es ihm gleichzutun.
Der junge Pablo Ruiz y Picasso, so heißt es, nahm Tauben mit in die Schule, und als hochberühmter Künstler teilte er sein Atelier mit Hunden und Vögeln; Besucher und Familienmitglieder berichteten von der Ziege Esmeralda, die sich frei in seinem Anwesen bewegen durfte. Legendär sind die Geschichten um seinen Kurzhaardackel Lump, der mit dem Fotografen-Freund Douglas Duncan ins Haus gekommen war und dem er unter anderem einen Hasen aus Papier gestaltete. Picassos Gefährtin Jacqueline Roque merkte dazu an: „Lumpito dürfte das einzige Lebewesen sein, das einen echten Picasso verspeist hat.“ Der Künstler verewigte seinen Hund mehrfach in seinen Skizzen und Gemälden, wie er überhaupt Tiere zu einem seiner bevorzugten Sujets erhob. Mit seinem Plakatmotiv zum „Weltkongress der Kämpfer für den Frieden“ 1949 war er es, der als genialer Zeichner die erste Friedenstaube schuf (und zu vielen weiteren Friedenskongressen eine neue). Weltweite Berühmtheit erfuhren auch seine Tier-Zeichnungen, die – Chiffren gleich – mit einer einzigen, ununterbrochenen Linie das Wesen von Vierbeinern und Vögeln schildern. Ein immer wiederkehrendes Motiv waren Eulen und Käuzchen, die zu seinen Lieblingstieren zählten. Er malte sie, zeichnete sie und formte sie in Ton, sie tauchen in seinem Werk auf als Unglücksboten oder Attribut der Pallas Athene, und es ist überliefert, dass er eine verletzte Eule gesundpflegte und in Château Grimaldi in Antibes eine Eule als Haustier hielt.
„In der Kunst kommt die Praxis immer vor der Theorie.“ Pablo Picasso
In diesen Zusammenhängen mag das berühmte Foto entstanden sein, das Michel Sima um 1946 aufnahm und das Picasso mit einer jungen Eule auf der Hand zeigt. Es inspirierte zu einem Teil der hier gezeigten Picasso-Porträts, die in Dripping-Technik auf einer auf Keilrahmen aufgespannten Leinwand ausgeführt wurden.
Hier wurde direkt auf der Leinwand gearbeitet, die aber natürlich auch farbig vorgrundiert werden kann. Dazu kamen Acrylfarben zur Anwendung, die in verschiedenen Texturen und Viskositätsgraden erhältlich sind und direkt auf den Malgrund gespritzt bzw. getropft wurden. Für die hochpigmentierten, pastosen Acrylfarben, die in Soft-Packs angeboten werden, sind Zeichen- und Malaufsätze erhältlich, mit denen direkt auf den Malgrund gezeichnet und gedrippt werden kann. Signatur-Aufsätze für Acrylfarbe in Flaschen – einem Fineliner vergleichbar– sind ideal für feinere Linien und Ornamente. Wichtig ist aufgrund der Fließfähigkeit der gedrippten Farben, dass der Malgrund natürlich liegend oder zumindest leicht schräggestellt bearbeitet werden sollte.
Von der Zielsetzung her arbeitet man mit den teils sehr feinen Aufsätzen wie mit einem Stift, einem Pinsel oder einer Tube, und die Handhabung erfordert einen gewissen Krafteinsatz und gleichzeitig ein hohes Maß an Konzentration, um die Farbe gleichmäßig oder mit ausdrucksstarkem Duktus aufzubringen. Für malerische Partien können etwas größere Aufsätze gewählt werden, die die Fläche auch entsprechend strukturieren. Insgesamt ist der Farbauftrag beim Dripping strukturierter als mit einem Pinsel, da die Fläche naturgemäß nicht flächig „ausgemalt“, sondern vielmehr mit vielen Linien und Punkten bedeckt wird. Besondere Effekte in der Fläche zeigen sich, wenn einzelne Partien zunächst gedrippt und die Farbe dann – vor dem endgültigen Antrocknen – mit einem sehr borstigen, trockenen Pinsel verzogen wird.