Ein Besuch bei der Malerin Bettina Bülow-Böll
Im Wechselspiel realer Figuren und abstrakter Flächen spürt Bettina Bülow-Böll in ihren Gemälden dem Kern menschlichen Daseins nach. Auf den ersten Blick erinnern ihre Werke an Fotografien, wie man sie früher in Fotoalben klebte oder an Schnappschüsse, die die Vergänglichkeit eines freudigen Augenblicks für die Ewigkeit festhalten wollen. Bei näherer Betrachtung erweisen sie sich als wohlüberlegte Kompositionen.
Menschen sind das zentrale Motiv in der Malerei von Bettina Bülow-Böll. Die Künstlerin bindet ihre Protagonisten in vertraute Szenen ein, zeigt sie an sonnenbeschienenen Tagen im Grünen, am Wasser, in der Stadt. Selbstgenügsam und ungezwungen geben sie sich den kleinen Auszeiten am Rande des Alltags hin, überlassen sich ganz der lebendigen Energie ihres Körpers, sind konzentriert in der Gegenwärtigkeit des Moments oder verlieren sich in ihm.
Mit gestalterischen Mitteln gelingt es der Künstlerin, diese glücklichen Augenblicke intensiven Lebens jenseits jeglicher verklärender Romantik in realistischen Bildern zu malen und den Betrachter immer wieder herauszufordern, das zu überprüfen, was ihm selbstverständlich erscheint.
So entstehen etwa die Porträts bei Bettina Bülow-Böll aus der Andeutung. „Das realitätsgetreue Abbild interessiert mich nicht“, erklärt sie bei unserem Besuch in ihrem Sprockhöveler Atelier. „Ich finde es spannend, wenn die Dargestellten nicht so stark definiert sind.“ Das selbst angefertigte Fotomaterial dient ihr dabei als wichtige Unterstützung: „Die Situationen, in denen die Fotos entstanden, sind für mich zwingend, weil sie zusätzliche sensorische Informationen enthalten, die in ein Bild einfließen.“
Die Bildmotive an sich speisen sich aus der Erinnerung, die die Künstlerin nach eigenen Vorstellungen zusammenfügt. „Die Prinzipien, nach denen ein gutes Bild funktioniert, habe ich bei Hänner Schlieker kennengelernt“, erzählt die lebhafte Malerin. Hans-Jürgen (Hänner) Schlieker, ein Maler des Informel, war es auch, der sie in ihrem Entschluss bestärkte, freie Malerei an der Fachhochschule in Dortmund zu studieren, der ihre Zweifel ausräumte, von der Kunst leben zu können und der ihr viel Handwerkliches beibrachte. Er hat sie ein subtiles Sehen gelehrt, das den Betrachter in den Bann zieht.
Auf dieser Basis hat sich Bettina Bülow-Böll ein eigenes Gestaltungsrepertoire erarbeitet, mit dem sie ihre Gemälde in unterschiedlichen Variationen zur Wirkung bringt. Besonders augenfällig ist der Anschnitt der Figuren, der Bewegung erzeugt und die Bilddynamik steuert. Er verrätselt die Darstellungen ebenso wie die ungewöhnlichen Blickwinkel, die sich, jenseits von Horizontale und Vertikale, aus manchmal extremen Auf- oder Untersichten ergeben. Mit aufgeklebtem Seidenpapier bringt Bettina Bülow-Böll zudem reliefartige Linien in ihre Malerei ein, die die Bildoberfläche aufzubrechen scheinen. Farbige Schlagschatten schaffen durch starke Kontraste im Nebeneinander der Farben eine ungewöhnliche Räumlichkeit und führen das Licht.
„Licht ist das Kernthema meiner Malerei“, sagt Bettina Bülow-Böll. Sie ist fasziniert von den sonnendurchfluteten Bildern des spanischen Malers Joaquín Sorolla, von den starken Hell-Dunkel-Kontrasten und dem Spiel von Licht und Schatten in seinen Arbeiten. „Licht ist das, was die Farbe zum Klingen bringt. Insofern spielt natürlich auch die Farbe in meinen Bildern eine wichtige Rolle.“
Den Freiraum, sich dem Licht und der Farbwirkung nahezu uneingeschränkt hinzugeben, findet Bettina Bülow-Böll in den Bildhintergründen. Ein häufig wiederkehrendes Motiv sind dabei Wasserflächen. „Wasser bietet viele Optionen für die Malerei“ erklärt die Künstlerin ihre Vorliebe für dieses Sujet. „Es ist eine gute Basis, um sich malerisch auszudrücken und bietet den Freiraum, den eine rein figürliche Darstellung nicht bieten kann.“ In diesem Freiraum löst sich die Farbe von der Form und öffnet das Bild für spontane, gestische Aktionen. Der Malakt, mit kräftigem Pinselstrich ausgeführt, wird als Bewegungsspur im Bild sichtbar, der dynamische Prozess der Farbfindung wird anschaulich und die Farbe selbst thematisiert.
Abstrakte Flächen wie diese finden sich in allen Arbeiten von Bettina Bülow-Böll. Sie versteht sie gleichwertig zur Figur, denn „die Spannung in meinen Bildern entsteht aus dem realen Kontext und den Flächen, in denen er sich freischwimmt.“
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